„Liebe taz...“ Diktat der Tugendwächter –betr.: „Kein Schutz vor Rufmord?“ taz-Bremen vom 10. Dezember .

Nach drei jahren Ausbildung an Bremens oberster Lehranstalt hat Mann sich an allerlei Schwachsinn gewöhnt: An den AStA, der Eigeninteresse als Vertretung der Studenten ausgibt, an einen Professor, der nach 30 Jahren noch einmal ein Transparent gegen den „Muff von tausend Jahren“ ausrollt, seine Hiwis aber wie Grundschüler behandelt, wenn es um eine Veröffentlichung geht. An Tierschützer, die Wissen, Recht und Moral als allein ihnen zugeteilt betrachten und auch an Schmierereien, die (zur Zeit aktuell) zur feministischen Solidarität aufrufen. So weit, so schlecht.

Wirklich schlimm finde ich es aber, wenn sich Studentinnen und Administration hinter einer „Richtlinie gegen sexuelle Gewalt“ verstecken, um eigenes Empfinden als Maßstab für die Gestaltung von Unterricht durchzudrücken. Keinesfalls spreche ich hiermit jemandem das Recht ab, sich von Literatur oder Filmen abgestoßen zu fühlen. Damit jedoch eine gesicherte Existenz zu zerstören, geht entschieden zu weit.

Vergeblich habe ich auf wütende Proteste der Studenten(vertreter) gehofft, als durch die taz bekannt wurde, daß ein rumänischer Dozent nichts gegen Pogrome an Juden in seinem Heimatland hat und diese öffentlich in einer rumänischen Zeitung propagiert. Auch der Uni-Administration waren nach eigenen Angaben die Hände gebunden und die Alt-Revolutionäre der 68er-Generation ließen sich, wenn sie ihren Hintern überhaupt gelüftet hatten, wieder in ihre wohldotierten Sessel fallen.

Vielleicht werden demnächst die Mitarbeiterinnen der Uni-Buchhandlung verprügelt, weil man dort Miller und Bukowski bestellen kann. Freiheit der Meinung und Wissenschaft – wenn es sie denn gibt – kann nur durch Nutzung dieser Freiheit geschützt werden, manchmal auch nur auf Kosten des Geschmacks und von Empfindungen. Das ist allemal besser, als unter das Diktat selbsternannter Tugendwächter zu fallen. Thorsten Stange