: Verhandeln und weiterkämpfen
■ Der Friedensprozeß in Kolumbien kommt nur zögernd in Gang. Eine Delegation des Europaparlaments will da nachhelfen
Bogotá (taz) – Kolumbiens konservativer Präsident Andrés Pastrana hat sich in eine Sackgasse manövriert: Vier Monate nach seinem Amtsantritt haben die mit großen Hoffnungen angekündigten Friedensgespräche mit der Guerilla noch immer nicht begonnen, die paramilitärischen Gruppen massakrieren weiterhin die Zivilbevölkerung, den drohenden Kollaps des Bankensystems soll eine Sondersteuer verhindern. Einer Delegation des Europaparlaments, die in dieser Woche zu Gesprächen in Kolumbien war, konnte der Präsident nicht erklären, wie er aus der Misere herauskommen will. Da nützte es auch nichts, daß die Euro-Parlamentarier versicherten, sich für eine Unterstützung des Friedensprozesses stark zu machen.
Dabei hatten sie mehr als gute Worte im Gepäck: Auch in den kommenden drei Jahren soll Kolumbien – wie die übrigen Andenstaaten – bei Exporten nach Europa von günstigen Zöllen des Allgemeinen Präferenz-Systems (APS) profitieren.
Die Kolumbianer fürchten jedoch die Fußnoten dieser Regelung: Ab dem Jahr 2000 können die Zollerleichterungen an Bedingungen geknüpft werden, die das Land nur mit einiger Anstrengung erfüllen kann. So können die Vergünstigungen für Produkte wegfallen, die nicht umweltschonend hergestellt werden. Kinderarbeit gilt als Ausschlußkriterium, ebenso Angriffe auf die Arbeit der Gewerkschaften. Dies ist ein heikler Punkt in Kolumbien, wo Gewerkschafter ebenso wie linke Politiker und Menschenrechtler auf den Todeslisten der vom Staat geduldeten paramilitärischen Gruppen stehen.
Der grüne Europaabgeordnete Wolfgang Kreissl-Dörfler setzt auf die deutsche EU-Ratspräsidentschaft, die ab Januar auch die europäische Politik gegenüber Lateinamerika definieren kann. „Dabei müssen wir auch überlegen, wie wir einen Frieden in Kolumbien konkret unterstützen können – technisch und auch finanziell.“
Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg, den die Kolumbianer gehen müssen. Die Friedensgespräche mit der größten Guerilla, den Revolutionären Streitkräften Kolumbiens (Farc), sind noch nicht in Gang gekommen, obwohl Pastrana dafür vor einem Monat Armee und Polizei aus einem Gebiet von der Größe der Schweiz abziehen ließ. Jedoch nicht ganz, wie die Guerilla kritisiert. Noch sind 120 Soldaten in einer Kaserne, nach Angaben der Regierung unbewaffnet und nur zu Verwaltungsaufgaben. Dieser Streit verhindert bislang direkte Gespräche.
Eine weitere Hürde ist die Forderung der Farc nach einem Austausch von 450 inhaftierten Guerilleros gegen 300 Soldaten und Polizisten, die sich in der Gewalt der Rebellen befinden. Präsident Pastrana lehnt es ab, vor einem offiziellen Beginn der Friedensgespräche dieses heikle Thema zu verhandeln.
Dazu kommt der Druck der USA, die die entmilitarisierte Zone mit großer Skepsis beobachten – vor allem deshalb, weil dort Koka angebaut wird. Sie fürchten, daß die Farc, die über Schutzgelder vom Drogengeschäft profitieren, ihre Präsenz in dem Gebiet festigen. Clintons Lateinamerika-Berater Peter Romero setzte in einem Interview mit dem Miami Herald die Bedingungen: US-amerikanische Hilfe für Entwicklungs- und Infrastrukturprojekte wird es erst geben, wenn die Guerilla zur Demobilisierung bereit ist und ihre Waffen niederlegt. Doch davon will die Farc bislang nichts wissen. Sie will nicht nur ihre Waffen behalten, sondern weiterkämpfen. Auch während der Verhandlungen. Peter Schumacher
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