■ Mit Bauernproblemen auf du und du: Schweinezyklus
München (taz) – Nun ist es wieder von Rostock bis Oberammergau zu hören – das Heulen und Zähneklappern der Bauern. Den deutschen Landwirten geht es schlecht, besonders den Schweinemästern. Bis zu 25.000 der noch vorhandenen 530.000 Bauernhöfe stehen laut Bauernpräsident Gerd Sonnleitner vor dem Aus. Real sei das Bauerneinkommen um zweieinhalb Prozent gesunken, der Gewinn je Familienarbeitskraft sank um 400 Mark auf 37.900 Mark.
Gewinner sind diesmal die Rinderzüchter und Milchbauern, am härtesten getroffen hat es laut Sonnleitner die Schweinemäster. Wenn man noch einen Blick auf die Regionen wirft, zeigt sich, daß die ostdeutschen Landwirtschaftsbetriebe mit acht Prozent Plus am besten wegkamen, die süddeutschen immerhin noch zwei Pluspunkte verbuchen konnten, hingegen aber die Höfe im Norden mit zwei Prozent in die Miesen rutschten.
Woran liegt das? An den Verbrauchern, die weniger für die Lebensmittel ausgeben? An der mindestens ebenso bösen EU oder dem Weltmarkt? Der ist in den Augen vieler kritischer Landwirte ein Problem. Unsinn sei es, zum Beispiel heruntersubventionierte Milchprodukte auf den Markt zu werfen, um dann postwendend mit Billiggetreide aus Kanada und den USA oder Milch aus Neuseeland überschwemmt zu werden.
Adi Sprinkart, Biobauer im Allgäu und Landwirtschaftspolitiker von Bündnis 90/Grüne im bayerischen Landtag, fordert: „Laßt uns unsere Produktion in Ordnung bringen und für den europäischen Markt produzieren, dann läuft's auch wieder.“ Der Deal sei einfach: Die EU bietet an, den Weltmarkt nicht weiterhin mit Billigprodukten zu beliefern, dafür kommt von dort nichts mehr in die EU. Ob das funktioniert, bezweifeln die Bauernverantwortlichen.
Oft sind die Ursachen auch simpel zu erklären, so kompliziert die Verflechtungen in der Landwirtschaft sonst auch sein mögen. Beispiel Schweinepreis: Derzeit ist der Tiefpunkt erreicht. Bei einem Schlachtgewicht von 93 Kilo bringt ein Mastschwein der höchsten Handelsklasse durchschnittlich nur noch eine Handelsspanne von 1,99 Mark. Das heißt, unter 200 Mark pro Sau. Ein Ferkel, das letztes Jahr noch 150 Mark kostete, bringt derzeit gerade mal noch ein Drittel. Aber warum? Weil nach der Schweinepestwelle in Holland, Dänemark und Deutschland die Schweinepreise zunächst hochgeschnellt sind. Dann wurden Schweine „nachgestellt“, wie es im Fachjargon heißt, und der Preis sank wieder.
Vom „ganz normalen Schweinezyklus“ ist immer wieder die Rede. Wenig tröstlich freilich, vor allem für die Neueinsteiger unter den Veredlern, wie die Mastbetriebe genannt werden. Es gibt aber noch ein anderes Problem: die verfehlte Subventionspolitik. Wenn wie in Bayern die staatlichen Beihilfen beim Kleinbetrieb 37,8 Prozent am Gewinn ausmachen, beim Großbauern aber 87,7 Prozent, dann stimme etwas nicht, sagt Biobauer Sprinkart. Klaus Wittmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen