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Bewag droht erste Klage gegen hohe Strompreise

■ Das Unternehmen habe die Rechnungen für Kleinverbraucher künstlich hoch gehalten, argumentiert ein Ex-Direktor des Bundeskartellamtes. Kritik auch an Wirtschaftssenator

Wegen hoher Strompreise geraten die Bewag und CDU-Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner jetzt von ungewöhnlicher Seite unter Druck. In einem Brief an die Bewag droht der pensionierte ehemalige Direktor beim Bundeskartellamt, Kurt Markert, seine private Stromrechnung ab Januar um zehn Prozent zu kürzen. Die Preise der Bewag seien viel zu hoch, so Markert. Den Wirtschaftssenator nimmt der pensionierte Wettbewerbshüter gleich mit ins Visier: Branoner sei für die Ausbeutung der privaten StromkundInnen mitverantwortlich, da sein Haus die Bewag-Preise genehmigt habe.

Mit seiner ungewöhnlichen Attacke gibt Markert möglicherweise den Startschuß für eine breite Protestwelle. Andere StromkundInnen, die sich ebenfalls über die Tarife ärgern, könnten es ihm gleichtun. Die Berliner Wasserbetriebe müssen sich bereits seit geraumer Zeit mit gerichtlichen Klagen von Hausbesitzern wegen angeblich zu hoher Preise auseinandersetzen.

Als Markert noch im Bundeskartellamt saß, konnte er von Amts wegen nicht gegen die Bewag vorgehen. Die Behörde darf nur tätig werden, wenn ein Unternehmen mindestens in zwei Bundesländern gleichzeitig Strom liefert. Die Bewag aber versorgt nur Berlin.

Jetzt droht Markert mit einer Gerichtsklage, weil das Elektrizitätsunternehmen eine mögliche Kostensenkung nicht an die privaten VerbraucherInnen weitergegeben habe. Profitiert hätten von Preisreduzierungen nur Großabnehmer, zum Beispiel Industriebetriebe. Die Kosten für Kleinverbraucher im ehemaligen West- Berlin seien dagegen seit 1991 unverändert geblieben. Währenddessen habe die Bewag teure Anlagen abgeschaltet und ihren Gewinn ganz erheblich gesteigert – Grund genug, die Preise für alle zu senken, meint Markert.

Bei der Bewag heißt es dazu, daß die VerbraucherInnen froh sein könnten, nicht noch mehr bezahlen zu müssen als heute. Der Senat habe nämlich die Konzessionsabgabe, die das Unternehmen für die Nutzung öffentlicher Straßen abführt, auf 204 Millionen Mark versechsfacht. „Diese Kostensteigerung haben wir nicht an die KundInnen weitergegeben“, sagt Bewag-Sprecher Siegfried Knopf. Außerdem liege der Jahresdurchschnittspreis für einen Haushalt mit ca. 30 Pfennig unter dem in anderen Großstädten wie Hamburg und München.

Als weiteres Argument für eine Preissenkung führt der frühere Kartellwächter Kurt Markert ins Feld, daß die Bewag ihr Monopol mißbrauche. Die VerbraucherInnen hätten ja gar keine Chance, den hohen Kosten zu entkommen, denn niemand anderes verkaufe Strom in der Stadt.

Der Verwaltung von Wirtschaftssenator Branoner wirft der pensionierte Wettbewerbshüter vor, ihre Aufgabe als Landeskartellamt nicht wahrzunehmen. „Wo bleibt die Aufsichtsbehörde?“, fragt Markert. Sowohl Ex-Senator Pieroth als auch Branoner seien schon in der Vergangenheit gesetzlich verpflichtet gewesen, auf die Preissenkung hinzuwirken.

Die Grünen haben inzwischen angeregt, daß die Bewag die Hälfte der möglichen Kostenreduzierung in einen Fonds zum Schutz des Klimas einzahlen solle. Hannes Koch

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