: Antworten auf Letzte Fragen
Wie intelligent sind Computer? (5.12. 98)
Computer sind auch nicht schlauer oder tun mehr als eine Glühbirne. Ohne Bildschirm geben sie sogar weniger Licht, verbrauchen aber dennoch mehr Strom. Intelligent an Computern ist die Geschäftsidee, daß sie, einmal gekauft, bereits hoffnungslos veraltet sind und man für fast alle komplexeren Erledigungen digital viel mehr Zeit benötigt als analog, zudem ja auch andauernd die neuesten Programme genutzt werden wollen. Mit anderen Worten, wenn die Menschheit viel mehr Dinge mit Computern erledigen würde, gäbe es bald keine Arbeitslosigkeit mehr. Von wegen „Rationalisierung“.Paul Plattner-Wodarczak, Münster
Computer sind abgrundtief dumm, was noch einmal bestätigt wurde, als ich nach Verfertigung eines literaturkritischen Elaborats den meinen um Überprüfung der Rechtschreibung bat und er das Wort „Obsession“ durch „Obstessig“ ersetzt haben wollte. Doch als er statt „Seinsweise“ das im Wortschatz eher seltene „Sedimentgestein“ vorschlug, dämmerte mir, daß dahinter mehr stecken mußte.
Wollte er meine pseudointellektuellen Flatulenzen auf eine materialistischere Basis hieven? Wollte Freud im Grunde nur über die wohltuende Wirkung von Obstessig aus ganzen Äpfeln schreiben? Oder war der mit dem schnöden Anglizismus benannte PC (hebräisch aber „machschew“ = „Denker“) im Gegenteil auf der Suche nach Subtexten von höherer Sinnhaftigkeit gar imstande, jene Wand zu durchstoßen, welche die Grenzen unserer Erkenntnisfähigkeit markiert? Eröffneten sich hier neue Möglichkeiten zur Deutung unserer Klassiker? Verbergen sich hinter scheinbaren Gebrauchstexten Formeln, die erklären, was die Welt im Innersten zusammenhält? Will uns der Computer, der um all dieses weiß, Fingerzeige zukommen lassen, und sind wir zu dumm, sie zu verstehen? Immer wenn ich auf den Power-Knopf drücke, befällt mich seitdem ein leichtes Grauen.Rainer Kornberger, Bremen
Dieses Szenario kennt wohl jeder, der mit Computern arbeitet: Man schreibt z.B. einen Brief, formatiert, druckt, korrigiert, und plötzlich – blauer Bildschirm, „Unbekannte, nicht erwartete allgemeine Schutzverletzung“ o.s.ä., Computer steht, alles weg. Nach dem Neustart kann man dasselbe noch einmal versuchen, wieder Absturz, Neustart und so weiter. Das ließe sich unendlich fortsetzen. Programmierer nennen so etwas „reproduzierbar“ und freuen sich, wieder einen Programmfehler gefunden zu haben. Aber sollte nicht eine Maschine, die auch nur einen Funken Intelligenz besitzt, irgendwann merken, daß etwas faul ist, und es einmal anders versuchen?
Nein, solange Computer noch nicht einmal in der Lage sind, ihre eigenen grundlegenden Probleme auch nur wahrzunehmen, ist schon die Bezeichnung „künstliche Dummheit“ stark übertrieben. Solche Maschinen besitzen nicht mehr Intelligenz als ein Toaster. Wenn jetzt jemand einwendet, daß Toaster nicht so tolle 3D-Animationen herstellen können – na und? Können Computer etwa Brot rösten?Olaf Frohn
Ich arbeite viel an und mit diesem Gerät und muß feststellen, daß es manches Mal zu extrem unlogischen Schritten sowie zu Grenzen der Kooperation seitens des Computers kommt, die kein Programmierer gewollt haben kann und nicht auf die Benutzerin oder das Material geschoben werden könnten.
So entstand bei mir etwas wie Nachsicht, Geduld und Verständnis, also Gefühle, die ich ansonsten für „mangelhafte“ Menschen reserviert halte, und die mir – in ihrer Häufung – von einem anderen Gebiet sehr vertraut sind: Es ist der Umgang mit dem MANN, denn auch hier habe ich schon lange nicht mehr den Anspruch, alles nachvollziehen oder gar verstehen zu können.
Entspricht das Programmieren von Computern der Sozialisation von Menschen? Wenn ja, dann müssen wir uns fragen: Wer programmiert den Computer? Sind es nicht primär – oder gar ausschließlich – Männer, und werden wir das Wie je erfahren? Dann ist der Computer so intelligent wie ein Mann, und damit wäre die auffallende Ähnlichkeit meiner Gefühle zu diesen erklärt.Susanne Glaubrecht, Köln
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Ist der Tag kürzer als die Nacht? (12.12. 98)
Selbstverständlich weiß jeder von uns, daß im Extrem (um die Weihnachtszeit) die Dunkelheit dominiert, doch durchschnittlich ist der Tag überall länger als die Nacht.
1. Bei uns auf der Nordhalbkugel dauert das Sommerhalbjahr aufgrund der Ellipsenbahn der Erde sieben Tage länger als das Winterhalbjahr. Also ist 186 Tage im Jahr der Tag länger als die Nacht, jedoch ist es nur 179 Tage umgekehrt. 2. Sonnenuntergang bzw. -aufgang ist zu dem Zeitpunkt, wo der obere Rand der Sonne den Horizont berührt. Der Rand ist aber rund 16' (Winkelminuten) vom Mittelpunkt der Sonne entfernt; und hinzu kommt noch die Refraktion (Strahlenbrechung der Atmosphäre), welche die Gestirne am Horizont um 34',4'' anhebt. Hieraus ergibt sich eine Zenitdistanz des Sonnenuntergangs von etwa 53'. Das ist zwar nur ein 410tel der täglichen scheinbaren Sonnenbahn, macht aber den Tag um einige Minuten länger. 3. Aber der wichtigste Faktor, der die Helligkeit ausdehnt, ist die Dämmerung. Bei der „bürgerlichen Dämmerung“ steht die Sonne höchstens 6 Grad unter dem Horizont, und man kann noch ohne künstliche Beleuchtung lesen; es ist also taghell (von der nautischen Dämmerung, bei der die Sonne bis zu 12 Grad unter dem Horizont steht, wollen wir gar nicht erst anfangen!). Die Dämmerung dauert um so länger, je weiter die Entfernung zum Äquator ist. Am Nord- oder Südpol ist es über sechs Monate hell, aber nur etwa drei Monate völlig dunkel.
Es ist also länger Tag als Nacht – quod erat demonstrandum.Tilman Lucke (14 Jahre), Waldbach
Ja, um zwei Buchstaben.Robert Haacker, Berlin
1. Definitiv nein! Der Tag hat exakt 24 Stunden (von so Firlefanz wie Schaltsekunden abgesehen); aber selbst in extremen Breitengraden schafft die Nacht nicht mehr. 2. Definitiv jein! Seemännisch ist Tag von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang. Demnach würde jemand, der am Südpol in eine enge Eisspalte gefallen ist, mit Ja antworten, wäre er oben geblieben, würde er nein sagen. 3. Definitiv ja! Bei Untersuchungen zu Berechnungsgrundlagen für die gefühlte Zeit (z.B. Latein-/Geschichtsstunden: 5, Warten 3, Tiefschlaf 0,01) wurde bei allen Testpersonen festgestellt, daß ein grundsätzlicher Nachtfaktor von 2–4 für fast alle Tätigkeiten (Ausnahme: schlafen) eingeführt werden muß. Wer nachmittags einen Brief schreibt und 12 Stunden später dasselbe versucht, weiß wieso. Dementsprechend ist die gefühlte Nacht (in unseren Breiten) immer länger als der gefühlte Tag.Hecke Schrobsdorff, PrinzHöfte
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