Ökosteuer findet neue und spaltet alte Koalitionen

■ Umwelt- und Finanzminister wollen weniger Ausnahmen für die Industrie. Das Wirtschaftsministerium blockt dies ab, doch die Genehmigung der EU ist dann ungewiß

Bonn (taz) – Es bleibt schwierig bei der Ökosteuer. Klar ist nur, niemand aus der Regierung glaubt noch ernsthaft daran, daß die bisher vorgesehene Ausnahmeregelung für 27 energieintensive Industriebranchen den Segen der EU- Kommission finden wird. Denn die Regel kollidiert mit EU-Wettbewerbsrecht. Wie aber nun das Gesetz ändern? Darüber sind die Ministerien zerstritten.

Auch am Donnerstag konnte sich die Arbeitsgruppe zur Ökosteuer, besetzt mit Staatssekretären aus den Ministerien für Wirtschaft, für Finanzen und für Umwelt sowie Mitgliedern der Regierungsfraktionen, nicht einigen. Bis Weihnachten muß es aber zu einer Einigung kommen, denn nur wenn die EU-Kommission das Papier bis Jahresende erhält, kann die Ökosteuer zum 1. April ungefährdet in Kraft treten.

Das Wirtschaftsministerium und Teile der SPD-Fraktion wollen an der Ausnahme für energieintensive Betriebe festhalten, die mehr als 6,4 Prozent ihrer Kosten für Energie ausgeben müssen. Sie wollen die Regelung in Brüssel genehmigungsfähig machen, indem sie die Ausnahme mit einem Öko- Audit verknüpfen. Die Betriebe müssen sich dann verpflichten, weitere Energiesparmöglichkeiten zu suchen und zu nutzen. Umweltminister Trittin und Oskar Lafontaines Finanzministerium sind dagegen. Sie wollen für alle Industriebetriebe einen ermäßigten Satz von 15 bis 20 Prozent einführen – auch für die nicht energieintensiven, die bislang 25 Prozent des Ökosteuersatzes zahlen müßten.

Mit dem Fall der Ausnahmen wollen Finanz- wie Umweltministerium verhindern, daß energieintensive Betriebe an der Ökosteuer verdienen, weil sie ja von der Senkung der Lohnnebenkosten in jedem Fall profitieren. Insgesamt würden die 27 ausgenommenen Branchen sonst 110 Millionen Mark an den gesunkenen Lohnnebenkosten verdienen, errechnte das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung.

Die Grünen hatten bereits in den Koalitionsverhandlungen gleiche Steuersätze für die gesamte Industrie favorisiert. Obwohl das inzwischen auch das Finanzministerium so sieht, ist trotzdem nicht ausgemacht, daß die Ausnahme fällt. Denn Bundeskanzler Gerhard Schröder befürwortete bislang eine Befreiung. Der Streit beherrschte das Treffen am Donnerstag, so daß alle anderen Punkte nicht verhandelt werden konnten. Die Grünen wollen, daß Gas für die Stromerzeugung nicht zusätzlich zur Stromsteuer auch mit Mineralölsteuer belegt wird. Außerdem ist immer noch die Besteuerung der Deutschen Bahn umstritten, die bislang den vollen Satz zahlen müßte. Matthias Urbach