Kommentar: Selbst ist der Minister
■ Hinschieben, herschieben, abschieben: Wienholtz bringt sich in Bedrängnis
Auf den ersten Blick liegt die Verantwortung für die Zukunft der Flüchtlinge, die die Lübecker Brandnacht überlebten, allein in Bonn. Denn es ist der Bundesinnenminister, auf dessen Entscheidung Schleswig-Holsteins Innenminister Ekkehard Wienholtz und Lübecks Bürgermeister Michael Bouteiller seit drei Jahren warten.
Doch statt stets nur guten Willen zu betonen, hätten die beiden auch selbst tätig werden können. Sie hätten selbst ein pauschales Bleiberecht aussprechen können. Das Verfahren steht so zwar nicht ausdrücklich im Ausländergesetz. Dort steht jedoch auch nichts davon, daß das Bundesinnenministerium das Bleiberecht wieder einkassieren könnte, hätte Kiel oder Lübeck es einmal ausgesprochen.
Spätestens wenn Schily tatsächlich das Bleiberecht für einige der Brandopfer ablehnt, werden sich Wienholtz und Bouteiller an ihren verbalen Verlautbarungen messen lassen müssen. Denn Abschiebungen nimmt Bonn nicht selbst vor. Sie fallen in die Zuständigkeit der Länder.
Vielleicht erkennt das Bundesinnenministerium im Einzelfall alle Flüchtlinge an. Vielleicht aber auch nicht. Dann müssen sich die Regenten von Lübeck und dem Land Schleswig-Holstein sagen lassen, daß sie es in der Hand hatten, zu vermeiden, daß es so weit kommt. Dort hätte man nicht mehr als ein bißchen Mut gebraucht.
Ob Wienholtz und Bouteiller noch bedauernd mit den Schultern zucken und mit dem Finger auf Bonn zeigen werden, wenn ihre PolizistInnen Brandopfer ins Flugzeug setzen?
Elke Spanner
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