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Netanjahu will seinen Kopf retten

■ Um heute eine Mißtrauensabstimmung zu überstehen, stellt Israels Premier neue Forderungen an die Palästinenser. Doch auch die Siedler fürchten einen Regierungswechsel

Jerusalem (AP/taz) – Noch einmal versucht Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu seine Koalition zu retten. Um das heute anstehende Mißtrauensvotum abzuwenden, traf er sich gestern mit führenden Mitgliedern seines Kabinetts.

Es galt, sie auf Unterstützung seiner Politik einzuschwören. Unerwartete Schützenhilfe erhielt er dabei von jüdischen Siedlern. Sie scheinen von der Angst getrieben, daß eine neue Regierung einen weiteren Rückzug aus dem Westjordanland bedeuten kann. So will sich der Führer des Siedlerrats, Pinchas Wallerstein, bemühen, rechte Abgeordnete zur Stimmabgabe für Netanjahu zu bewegen. Trotz dieser überraschenden Unterstützung wird es knapp für den Ministerpräsidenten. Es gilt als sicher, daß sowohl die Rechten als auch die linksgerichtete Opposition gegen die derzeitige Regierung stimmen werden.

Vermutlich wird auch Wallerstein nicht alle Abgeordneten der wütenden Siedler überzeugen können. Michael Kleiner zum Beispiel, der die ultrarechte Land-Israel- Front anführt, mobilisierte gestern gegen den Premier: „Netanjahu hat in Wye seine Wähler enttäuscht.“ Kleiner und seine Gesinnungsgenossen, die mehrere Abgeordnete in Netanjahus Koalition stellen, lehnen das in den USA geschlossene Abkommen mit den Palästinensern strikt ab.

Gerangel gab es derweil um die Nachfolge Netanjahus. Als aussichtsreichste Kandidaten gelten der Vorsitzende der Arbeiterpartei, Ehud Barak, und der ehemalige Chef der Streitkräfte, Generalleutnant Amnon Schahak. Letzterer liegt bei allen Umfragen deutlich vor Barak. Bei ihrem Treffem am Samstag konnten sich beide nicht einigen, wer Spitzenkandidat werden soll. Schahak weigert sich, bei Neuwahlen als Nummer zwei neben Barak auf der Liste der Arbeitspartei zu kandidieren. Statt dessen solle der aussichtsreichste Gegenkandidat gegen Netanjahu kandidieren. Barak wollte genausowenig auf seine Spitzenkandidatur verzichten.

Unterdessen billigte das noch amtierende Kabinett neue Bedingungen für die Umsetzung des Wye-Abkommens.

Die Palästinenser werden aufgefordert, alle illegalen Waffen abzugeben, auf die Ausrufung eines palästinensischen Staats zu verzichten und einzuräumen, daß Israel nie der Freilassung palästinensischer Mörder zugestimmt habe. Der palästinensische Kabinettssekretär Achmed Abdel Rachman bezeichnete die Forderungen als reinen Wahlkampf. pipe

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