„Die spinnen, die Chinesen“ –betr.: „Nachdenken über Ch.“ (Filmfest von Chong Qing), taz vom 12./13. 12. 98

[...] Dorothee Wenner gefällt sich in der Rolle der naiv-staunenden China-Reisenden, die sich selbst heute, nach zwei Jahrzehnten des mehr oder weniger alternativen China-Tourismus', nicht entblödet, sich zum Beispiel über chinesische Frühstückssitten zu mokieren, die doch tatsächlich – wer hätte das gedacht? – anders sind als die in Posemuckel bzw. im vertrauten Kiez. Da staunt der Laie, und die Fachfrau, hoffnungslos altmodisch wie sie nun mal ist, wundert sich. Geht doch aus dem ganzen langen Artikel in erster Linie hervor, daß die aus ihrem Kiez kurzfristig nach „Chong Quing“ gebeamte Filmexpertin weder Ahnung von chinesischer Geschichte, Politik oder Kultur, geschweige denn vom chinesischen Film hat, noch daß sie gar der Landessprache mächtig wäre. Kein Wunder also, daß frau sich dann auf impressionistisch-glossierende Beschreibung des unverstandenen Festival- und sonstigen Chinesen-Alltags verlegt. Ach, hätte sie nur geschwiegen und ihre China-Initiation für sich behalten wie die meisten anderen Hausfrauen und Lehrer, die inzwischen auch mal am Yangtse waren! So aber offenbart die Autorin in alledem, was da so putzig als hellsichtiges Urteil einer westlichen Intellektuellen daherkommt (Motto: Die spinnen, die Chinesen), lediglich ihre eigene peinliche Beschränkheit. [...] Christiane Hammer, Bonn