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Betr.: Rudi Thiessen

Daß vom Rock'n'Roll das Abendland nicht untergeht, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Rudi Thiessen (Jahrgang 1950), freier Dozent für Religionswissenschaften an der Freien Universität Berlin, war einer der ersten, die, schon bevor Rock in immer kürzeren Abständen für tot erklärt wurde, dem Mythos von der musikalischen Naturgewalt auf den Grund gingen. Rockmusik, so die These, entspringt zwar einer Sehnsucht nach vorzivilisatorischen Zuständen, als formulierte Erfahrung ist sie jedoch gerade Kulturleistung.

In seiner 1981 erstveröffentlichten Studie „It's Only Rock'n'Roll But I Like It“ begreift Thiessen Rock als Erzählweise, die aus der Spannung zwischen Tanz und Rausch und deren Versprachlichung im Fünfminutenformat der Rocksingle hervorgeht. Der Rocksänger ist als Künder der Entgrenzung ein Ekstasetechniker, als Übersetzer aber auch jemand, der zwischen Natur und Kultur vermittelt, im Wortsinn über- setzt. Deshalb steht Rock'n'Roll Freud und seiner Figur des analytischen Durcharbeitens viel näher, als es seine Apologeten, aber auch seine frühen Fundamentalkritiker wahrhaben wollten.

„It's Only Rock'n'Roll But I Like It – Kult und Mythos einer Protestbewegung“ ist soeben im Berliner Verlag Vorwerk 8 wiederveröffentlicht worden. Dort ist unter dem Titel „Urbane Sprachen“ im vergangenen Jahr auch Thiessens Versuch einer Theorie der Moderne erschienen. tg/Foto: Rolf Schulten

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