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Grenzschutz überprüft Gleise

Fahrgäste stornieren kaum wegen der neuen Anschläge auf Gleisanlagen. Deutsche Bahn verhängte Informationssperre. Polizei ermittelt gegen Erpresser  ■ Aus Berlin Markus Völker

Nach Auskunft einer Mitarbeiterin der Deutschen Bahn AG in Berlin reagieren die Kunden gelassen auf die Häufung der Anschläge auf Gleisanlagen. „Von Stornierungen kann keine Rede sein, im Gegenteil, wir beobachten einen gegenläufigen Trend – das Weihnachtsgeschäft boomt gewaltig.“ Unter 20 Anrufern sei nur etwa einer, der sich besorgt nach der Möglichkeit eines Anschlags auf seiner geplanten Reiseroute erkundige. Man habe aufgrund des geringen Informationsbedarfs keine Notwendigkeit gesehen, eine Info- Hotline einzurichten. Auch auf den Bahnhöfen verlaufe der Dienst der Bahnangestellten „völlig normal“.

In der Zentrale der Deutschen Bahn AG in Frankfurt am Main herrscht Informationssperre gegenüber der Presse. In Abstimmung mit den Ermittlungsbehörden werden „keine Informationen weitergegeben“, verkündet eine Sprecherin.

Die Anschläge von Unbekannten auf das 13.500 Kilometer lange Schienennetz der Bundesbahn haben sich gehäuft. In den vergangenen sechs Wochen wurden der Presse allein zehn Anschläge bekannt. In Wirklichkeit gab es jedoch mehr Anschläge, berichtete Bild am Sonntag. Seit Anfang der 60er Jahre starben sieben Menschen bei Bahnanschlägen. Im vergangenen Jahr gab es 68 „gefährliche Eingriffe in den Schienenverkehr“, berichtet das Innenministerium. 1995 hatte es 85 „gefährliche Eingriffe“ gegeben.

Die Sabotage-Aktionen in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Berlin gingen auf das Konto von Bahnerpressern, die in diesem Raum vermutet werden, teilte die Deutsche Bahn AG mit. Eine Gruppe, die sich „Freunde der Eisenbahn“ nennt, hat der Bahn in Briefen damit gedroht, die Gleise zu beschädigen. Sie fordern 10 Millionen Mark von der Bahn.

Vor allem der Anschlag in Klein Bünzow auf der Bahnstrecke zwischen Stralsund und Berlin sei einem sehr professionellen Muster gefolgt, sagte ein Bahnspezialist. Der Schnellzug Malmö–Berlin konnte in letzter Minute vor Klein Bünzow gestoppt werden, ein Güterzug entgleiste. Auf der Bahnlinie Berlin–Hannover sind ebenfalls professionelle Täter am Werk. Die Schrauben der Gleise wurden teilweise mit einem gestohlenen Spezialgerät der Bundesbahn gelockert. Zehn Anschläge wurden seit September auf dieser Strecke gezählt.

Zur Prävention von Anschlägen und offenbar zur Beruhigung der Öffentlichkeit richtete die Bundesbahn ein Amtshilfeersuchen an das Verteidigungsministerium mit der Bitte um Auklärungsflüge des Bundesgrenzschutzes (BGS) über Hauptstrecken der Bahn. Wie ein Sprecher des Verteidigungsministeriums berichtet, sind seit gestern Tornados und Hubschrauber im Einsatz. Ausgerüstet mit Nachtsichtgeräten und Aufklärungstechnik sollen sie Manipulationen am Schienenstrang erkennen.

Bundesverkehrsminister Franz Müntefering (SPD) sagte gestern in Berlin, die äußerst verhaltene Informationspolitik der Deutschen Bahn AG sei operativen und taktischen Gründen geschuldet. Diese Ansicht teilt die Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands (GdeD) nicht. Die Bahn habe zu spät und nur lückenhaft über die Anschläge informiert

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