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Gnade für Staatsterroristen

■ Spaniens Regierung läßt Verantwortliche für den Krieg gegen die baskische ETA frei

Madrid (taz) – Für den ehemaligen spanischen Innenminister José Barrionuevo und seinen Staatssekretär Rafael Vera war bereits gestern Bescherung. Die konservative Regierung von José Maria Aznar begnadigte auf Empfehlung des Obersten Gerichtshofes die beiden als Drahtzieher des schmutzigen Krieges der Antiterroristischen Befreiungsgruppen (GAL) gegen die baskischen Separatistengruppe ETA inhaftierten sozialistischen Politiker.

Ende Juli waren die beiden wegen der Entführung des im französischen Teil des Baskenlandes lebenden Unternehmers Segundo Marey zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Die Aktion 1983 war der Auftakt zu einer Serie von Attentaten bei der insgesamt 28 Menschen ihr Leben verloren. Nach nur 105 Tagen Haft kommen die beiden Politiker, die die GAL vom Innenministerium aus gesteuert haben, zusammen mit acht weiteren Verurteilten frei.

Der zuständige Oberste Gerichtshof setzte sich mit der jetzt von der Regierung angenommenen Empfehlung auf teilweise Begnadigung über die Gutachten der Staatsanwaltschaft hinweg. Diese hatte bei Vera und Barrionuevo die für eine Begnadigung notwendige Reue vermißt. Da die beiden außerdem in weitere Verfahren wegen einzelner GAL-Anschläge vor Gericht stehen, lehnte die Staatsanwaltschaft eine Haftverschonung ab.

Die Drahtzieher der GAL „handelten nicht, wie sonst bei kriminellen Handlungen üblich, aus persönlichen oder egoistischen Beweggründen“, heißt es im richterlichen Gutachten. Der Gesellschaft sei „mit dem Urteil und dessen teilweisen Verbüßung hinreichend klargemacht worden, wie schwer die Tatbestände sind“. Da die Entführung 15 Jahre zurückliege und die „GAL ihre Aktivitäten einstellte, obwohl die ETA weitermachte“, sei die Begnadigung zu rechtfertigen.

Die zu Zeiten der GAL regierenden Sozialisten zeigten sich gestern zufrieden. „Endlich hat die Gerechtigkeit gesiegt“, verkündete ein Parteisprecher. Seit Monaten hatten die Sozialisten Woche für Woche zu Kundgebungen vor das Gefängnis von Guadalajara mobilisiert, wo Barrionuevo und Vera einsaßen. „Wir werden unsere politischen Gefangenen nicht im Stich lassen“, hatte der ehemalige Regierungschef Felipe González den Demonstranten zugerufen – unter ihnen die gesamte Parteispitze.

Im Baskenland stößt die Begnadigung auf Empörung. „Es gibt gute und schlechte Entführungen“, beschwerte sich gestern der Sprecher der Baskisch Nationalistischen Partei (PNV) im Madrider Parlament, Iñaki Anasagasti. Er erinnerte daran, daß die gesamte Führung der linksnationalistischen Herri Batasuna (HB) seit einem Jahr im Gefängnis sitzt, „und nicht etwa wegen einer Entführung, sondern weil sie ein Video vorführen wollten“. Das gleiche Gericht, das jetzt die Begnadigung der GAL einleitete, verurteilte die 23 HB- Führer wegen „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ zu sieben Jahren Haft. HB hatte versucht im Wahlkampf einen Video ausstrahlen zu lassen, in dem drei Vermummte im Namen der ETA ein Verhandlungsangebot an die Regierung machten. „Die Justiz mißt mit unterschiedliche Maßstäben“, warf der PNV-Sprecher gestern Richtern und Regierung vor. Reiner Wandler

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