: Krümmel fährt wieder an
■ Nach einem halben Jahr Stillstand geht das AKW Krümmel mit Auflagen wieder ans Netz. Marode Leitungen sind ausgetauscht, die losen Muttern überpüft. Gutachten bis Herbst gefordert
Kiel (dpa/taz) – Das umstrittene Atomkraftwerk Krümmel bei Geesthacht geht nach halbjähriger Abschaltung wieder ans Netz. Die Zustimmung zum Wiederanfahren gab gestern das schleswig-holsteinische Energieministerium. Das Kraftwerk, dessen Stillegung vor allem wegen der gehäuften Blutkrebserkrankungen in der Umgebung gefordert wird, war am 19. Juni zur Revision abgeschaltet worden.
„Die defekten Leitungen sind ausgetauscht worden“, erklärte der Sprecher des Energieministeriums, Wolfgang Röttgers, gegenüber der taz. Alle 205 Schrauben der Steuerstäbe seien geprüft worden, zwei seien defekt gewesen. „Das Problem ist nicht sicherheitsrelevant, doch bis zum nächsten Herbst muß die Betreiberin HEW uns ein Konzept vorlegen, wie sie die Probleme lösen will“, sagte Röttgers. Er nehme an, daß die HEW das Kraftwerk sofort wieder hochfahren werde.
Bei einer Routineuntersuchung im Juni war festgestellt worden, daß die Speisewasserrohre im AKW, die direkt in den Reaktorkern führten, Risse aufwiesen. Bei der weiteren Untersuchung bemerkten Gutachter dann eine lockere Mutter an den Steuerstäben des Atomkraftwerks, die über die Zahl der Kernspaltungen bestimmen. Wegen dieses Fundes hatte das Energieministerium Krümmel vom Netz genommen.
Wie die taz berichtete, war im August dann im AKW ein Sabotageakt verübt worden. Unbekannte trennten an zwei mobilen Hubzügen Kettenglieder eines Ratschenzuges durch oder sägten diese an. Die HEW hatte den Vorfall bestritten, die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelte jedoch wegen Sachbeschädigung und versuchten Störens öffentlicher Betriebe. Im November geriet Krümmel wieder ins Gespräch, als die Bremer Physikerin Inge Schmitz-Feuerhake Zerfallsprodukte von Plutonium in der Umgebung gemessen hatte. Ihre Folgerung, das Plutonium müsse aus Krümmel stammen, ist bisher nicht bewiesen. bpo
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen