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Duell der Stadtauswahlen

Das vom Ost-Team mit 104:98 gewonnene All-Star-Match spiegelt die Situation im europäischen Basketball wider, der von wenigen südlichen Ländern dominiert wird  ■ Aus Berlin Matti Lieske

„Bester Basketball, der zur Zeit auf dem Planeten gespielt wird“, nannte die Agentur AP in Anspielung auf den lähmenden Arbeitskampf in der NBA das Match der europäischen All Stars am Dienstag abend in Berlin. „Jeder, der hier ist, kann auch in der NBA spielen“, zeigte sich Alba Berlins Coach Svetislav Pesic, dem die Ehre zuteil wurde, beim Treffen der besten Basketballer Europas das Team des Westens zu betreuen, überzeugt. In der Tat haben einige Akteure, wie Predrag Danilovic, David Rivers oder Dino Radja, bereits in der NBA gespielt, andere wie Dejan Bodiroga, Zeljko Rebraca, Marko Milic, Radoslav Nesterovic, Doron Sheffer oder Dragan Tarlac werden dies früher oder später tun.

Die vom Weltverband Fiba als „Eurostars“ gepriesenen Basketballkoryphäen lieferten sich ein ansehnliches Match, das von lockerer Deckungsarbeit, gelungenen wie mißlungenen „Showmoves“ geprägt war und vom Osten mit 104:98 gewonnen wurde. Letzteres wurmte wohl nur Coach Pesic, der die Dominanz des Ostens, der auch die ersten beiden All-Star-Games in Istanbul und Tel Aviv gewonnen hatte, unbedingt brechen wollte.

Als der Trainer etwas grummelig darauf verwies, daß sein Team ja den verletzungsbedingten Ausfall des Spielmachers Aleksandar Djordjevic aus Barcelona zu verkraften hatte, mußte er sich leichten Spott von seinem Spieler Carlton Myers gefallen lassen, der meinte, das Wichtigste bei einem solchen Spiel sei doch wohl, „Spaß zu haben“ und die Kids damit für den Basketball zu begeistern. Tatsächlich sorgte Myers, der mit einer phänomenalen Serie auch den Dreipunktwurf-Wettbewerb in der Halbzeit gewann, für den meisten Spaß bei diesem Match und wurde zum besten Spieler gewählt, obwohl es Bodiroga war, der die entscheidenden Punkte zum Sieg des Ostens beisteuerte. „Könntest du bitte mal aufhören, so viel zu treffen?“ beschwerte sich Carlton Myers hinterher beim Spieler von Panathinaikos Athen.

Die Berliner Partie vor knapp 7.000 Zuschauern, was etwa dem Europaligaschnitt von Alba entspricht, lieferte ein getreuliches Abbild der Situation im europäischen Basketball. Etwas überspitzt ausgedrückt, war es eine Begegnung zwischen den Stadtauswahlen von Athen und Istanbul auf der einen, Bologna und Madrid auf der anderen Seite, angereichert durch zwei Berliner (Henrik Rödl und Wendell Alexis), Vassili Karassew aus Moskau, Doron Sheffer aus Tel Aviv und Saulius Stombergas aus Vilnius. 19 der 24 nominierten Profis spielen in Italien, Spanien, der Türkei oder Griechenland, jenen Ländern, wo das große Geld im Basketball zu Hause ist. Panathinaikos Athen etwa verfügt über einen Saisonetat von mehr als 32 Millionen Mark, Europapokalgewinner Kinder Bologna gibt 27 Millionen aus, und selbst Tofas Bursa, der Verein von David Rivers, investierte dieses Jahr über 20 Millionen allein für Neuverpflichtungen. Geradezu ärmlich dagegen der Etat von Alba Berlin mit knapp 9 Millionen Mark.

Unter Umständen ist für die Topklubs bald ein deftiger Nachschlag fällig, wenn nämlich die NBA-Saison abgesagt wird und die Fiba so gnädig ist, ihre Frist zur Nachmeldung von Spielern für die Europaliga so zu verlängern, daß die Superstars aus der NBA noch herübergeholt werden können. Shaquille O'Neal im Trikot von Kinder Bologna oder Kobe Bryant bei Real Madrid ist keineswegs eine utopische Vorstellung.

Die Vormacht der reichen Klubs wird dadurch natürlich noch größer werden, ein Ungleichgewicht, daß der Fiba ein Dorn im Auge ist. „Basketball ist überall mächtig am Wachsen“, sagte Ost- Coach Stanislav Eremin in Berlin, entsprechend wächst auch die Bedeutung der Europaliga. Dies zeigte auch das All-Star-Match. Hatten die spanischen Vereine das Ereignis vor zwei Jahren noch boykottiert, weil ihnen die heimische Liga wichtiger war, nahmen diesmal tatsächlich die besten Spieler teil, und im nächsten Jahr soll die Veranstaltung sogar in den günstigeren Februar verlegt werden. Das sportliche Niveau war höher als bei den vorherigen Auflagen, und auch die Wahl von sieben Spielern der jeweiligen Teams durch Fans in ganz Europa demonstriert das gewachsene paneuropäische Fachwissen der Basketballanhänger. Zehn Länder übertrugen die Partie live im Fernsehen, in 50 Ländern war sie zeitversetzt oder in Ausschnitten zu sehen. Nicht so in Deutschland, wo es nur beim Berliner Sender B1 einen Zusammenschnitt gab, was sich nahtlos in die stiefmütterliche Behandlung des Basketballs im hiesigen TV einfügt. Ein Problem für die Fiba, schließlich gilt Deutschland als äußerst expansionsfähiger Markt und ist Ausrichter des Final-Four-Turniers der Europaliga im April in München. Auch dafür hat sich noch kein Sender gefunden.

Ein weiteres Problem, das durch die finanzielle Übermacht der südeuropäischen Länder verursacht wird, liegt im Reglement der Europaliga begründet. Die jeweils Letzten der vier Zwischenrundengruppen verlieren einen Platz für ihr Land, und da es sich dabei meist um die Vertreter von kleineren Basketballnationen handelt, sind diese dann in der Regel gar nicht mehr vertreten. Das liegt nicht im Interesse der Fiba, die ja gerade in solchen Ländern expandieren will. Katastrophal etwa wäre es für den Verband, wenn der einzige deutsche Vertreter, Alba Berlin, der immerhin den achthöchsten Zuschauerschnitt der Europaliga hat, absteigen müßte. In Zukunft soll deshalb vorgesorgt werden. Ab der nächsten Saison gibt es zwei Wildcards, die nach den Worten von Fiba-Präsident Borislav Stankovic an „wirtschaftlich starke Länder“ wie Schweden, Belgien, die Niederlande oder England gehen sollen. Bei einem Scheitern von Alba könnte man so ziemlich sicher davon ausgehen, daß der deutsche Meister dennoch auch künftig im europäischen Eliteklub vertreten ist.

Weniger rosig sieht es bei der Verteilung der Gelder im Rahmen der geplanten Zentralvermarktung durch die Fiba aus. Die soll in erster Linie nach den lokal eingespielten Fernsehgeldern erfolgen.

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