: Am Himmel wird es eng
Zwei Boeings und 14 Kleinflugzeuge drängten sich Silvester-Mitternacht am Himmel von Berlin. Flugsicherung beruhigt: Es war nicht so schlimm, wie es vom Boden aussah ■ Von Plutonia Plarre
Wenn das neue Jahr den Berlinern kurzfristig die Sprache verschlug, lag das nicht nur an dem gigantischen Feuerwerk, bei dem mehr verballert wurde denn je. Das Krachen der Böller war vom Dröhnen zahlreicher Flugzeuge unterlegt, die sich mit waghalsigen Manövern den Platz streitig zu machen schienen. Vom Boden aus wirkte es bisweilen so, als würden sich die Flügel berühren. „Gleich gibt's 'nen Absturz“ stöhnte ein Vater mit Kleinkind. „Die holen wir runter“, johlten einige Jugendliche und zückten ihre Raketen.
In der Zeit zwischen 0.00 Uhr und 1.11 Uhr seien über der Hauptstadt 16 Maschinen unterwegs gewesen, bestätigt der Pressesprecher der Berliner Flugsicherung, Gerhard Schanz. Mit von der Partie: zwei Boeings und 14 Sportflugzeuge der Marke Piper und Cessna. Die Boeings – Typ 737-700 und 757-200 – der Fluggesellschaften Germania und Condor hatten der Kölner Reiseveranstalter Christoph Wenzel und die Restaurantkette Mövenpick für den Mitternachtsrundflug gechartert. Die beiden sogenannten Ein-Gang- Maschinen, die jeweils 144 beziehungsweise 210 Personen fassen, waren bis auf den letzten Platz ausgebucht. „Die Nachfrage ist riesig“, sagt Veranstalter Christoph Wenzel, der solche Flüge auch in Köln, Frankfurt am Main und Leipzig organisiert hat. Für gut 40 Minuten „Schleifenziehen in einer liegenden Acht“ in 2.000 Meter Höhe hat jeder Fluggast laut Wenzel 199 Mark hingeblättert, Sekt und einen Imbiß inklusive. Bei Mövenpick war der Spaß mit 335 Mark deutlich teurer. Geboten wurde dafür allerdings laut Restaurantgeschäftsführer Thommas Pranger auch ein Galabuffet mit Dinnermusik am Boden, Champagner, Kanapee und Pfannkuchen an Bord und nach der Landung „zum Ausklang“ Livemusik und Sekt.
Beim Jahreswechsel 2000 wird es am Himmel über Berlin voraussichtlich richtig eng. „Wir sind schon heute ausgebucht, plus Warliste“ sagt Pranger. Reisveranstalter Wenzel erwägt sogar, mehrere Maschinen zu chartern: „Nach oben ist der Himmel unbegrenzt“, er hat keine Sorge, daß es zu einer Kollision kommen könnte. „Es ist ein Supererlebnis, vor allem bei solchem Wetter wie diesmal.“
Das letzte Wort in der Frage, wer starten und landen darf, haben die Fluglotsen. „Aber was wir jetzt hatten, war schon die obere Grenze“, meint der Sprecher der Flugsicherung, Gerhard Schanz.
Beschwerden über waghalsige Manöver sind nicht eingegangen. „Eine 30-Grad-Kurve sieht vom Boden schlimm aus. Aber im Flugzeug ist die Schieflage fast nicht zu spüren“, beruhigt ein Mitarbeiter der Allgemeinen Luftfahrt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen