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Eine Million Mark für „Bessere Bahn AG“

■ Wie der Verkehrsclub Deutschland mit einer Gag-Aktion auf den Nerv enttäuschter DB-Kunden traf und jetzt weitere Pläne schmiedet

Freiburg (taz) – Der Erfolg hat den Verkehrsclub Deutschland (VCD) beinahe überwältigt. Der ökologisch orientierte Verein hatte in seiner Mitgliederzeitschrift fairkehr spaßeshalber Aktien einer fiktiven „Besseren Bahn AG“ (DBB AG) angeboten – und erhält nun Rückmeldungen in nicht erwartetem Umfang. Mehr als eine Million Mark haben Bahnfreunde inzwischen zugesagt, die sie in eine DBB AG investieren würden, wenn damit der Bahnverkehr in der Republik endlich wieder vorangebracht würde.

Wenngleich die Zeichnung der Aktien unverbindlich war, macht sich der VCD nun Gedanken darüber, wie er diese Sympathiebekundung zugunsten der „Besseren Bahn AG“ doch noch konstruktiv nutzen kann. „Ein Gag“, sagt fairkehr-Chefredakteur Michael Adler, „lernt plötzlich laufen.“

„Wir kaufen die DB AG und machen daraus ,Die Bessere Bahn AG‘“, hatte der VCD in seiner Zeitschrift angekündigt. Die DBB AG werde mit folgender „Firmenphilosophie“ antreten: Kein Bürger sei länger als 20 Minuten zum nächsten Bahnhof unterwegs. Jeder Bahnhof sei mindestens im 30-Minuten-Takt, im ländlichen Raum im Stundentakt ins Gesamtnetz eingebunden. Die DBB AG werde eine „Bahn fürs Volk“ sein, mit „fairen Preisen und Angeboten, die sich auch Familien leisten können“.

Und schließlich sei bei der DBB AG „der Kunde König“: Er werde immer freundlich behandelt, die Fahrpläne wie auch die Preisgestaltung seien einfach und für jeden leicht verständlich.

Die Bahnfreunde der Republik waren von diesen Perspektiven derart begeistert, daß sie den VCD mit Zeichnungsscheinen überfluteten. Mehr als 40.000 Aktien im Wert von jeweils 25 Mark wurden binnen zwei Monaten geordert. Initiator Adler: „Wir haben damit offenbar den Nerv vieler Menschen getroffen.“

So wird zum Selbstläufer, was eigentlich nur als „virtuelle Geschichte“ geplant war, um die Defizite der Deutschen Bahn AG aufzuzeigen. Um den Besitzern der – zumindest vorerst noch – fiktiven Aktien schon heute etwas bieten zu können, präsentierte der VCD ihnen nun im ersten Schritt schon einmal eine ausgewählte Bahnagentur, die das Prädikat „Die bessere Bahnauskunft“ verdiene: Die Bahnagentur Spindlersfeld in Berlin habe ihre Stärken dort, „wo DB-Angestellte in der Regel versagen – bei Bahnreisen ins europäische Ausland“.

Bei diesem Angebot kann es freilich nicht bleiben. Aber was macht ein Verkehrsclub mit den Zusagen von Menschen, die bereit sind, viel Geld in eine bessere Bahn zu investieren? Die „Ideenbörse“ sei geöffnet, heißt es beim VCD. Vorschläge seien ausdrücklich erwünscht. So ist bisher nur eines sicher: Man wird in den nächsten Wochen vom VCD hören. Bernward Janzing

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