Kommentar: Zu Tode demokratisch
■ Bremens Beiräte sind zu wenig attraktiv
Die Menschen nehmen die Belange ihres Stadtteile selber in die Hand und entscheiden Streitfragen unter sich. Das klingt gut. Dennoch weiß jeder, der jemals eine ganz normale Sitzung eines ganz normalen Bremer Ortsbeirats besucht hat: Sex-Appeal hat der Job nur allzu selten. Die Schwierigkeiten der Grünen, Kandidaten für die Beiräte zu finden, sind nur ein Symptom für tiefsitzenden Frust.
Viel Engagement und vor allem Sitzfleisch wird den Kommunalpolitikern abverlangt: Einmal im Monat abends öffentliche Beiratssitzung, Ausschüsse für Bau, Verkehr, Soziales, Kultur und so weiter, einmal pro Woche vormittags Koordinierungsausschuß. Wer kleine Kinder hat, ein eigenes Geschäft oder einen Arbeitgeber, der mit der Freistellung knausert, ist von vorne herein ausgeschlossen. Folglich ballt sich in den Beiräten der Öffentliche Dienst.
Der bürokratische Aufwand ist immens angesichts dessen, was die Beiräte tatsächlich entscheiden und welche geringen Geldsummen sie frei einsetzen dürfen. Daß Senatsressorts die Voten der Beiräte ignorieren, ist gerade unter der großen Koalition Alltag.
Solche Konflikte wird es immer geben, sie entstehen durch unterschiedliche Perspektiven auf die Stadt. Aber wer die Motivation der Kommunalpolitiker heben will, muß wenigstens halbwegs Waffengleichheit herstellen und der Zentrale ein paar Verwaltungsprofis abzwacken, die den Beiräten zur Seite stehen. Harry Körber
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