Eine fast kampflose Niederlage

■ Beim 1:3 gegen Stuttgart fehlen St. Pauli die alten Tugenden

Die Umstände hätten nicht günstiger sein können. Dauerregentiefer Boden, Fluchtlicht und ein fast ausverkauftes Wilhelm-Koch-Stadion waren stets die rechten Zutaten für eine gelungene Vorstellung des FC St. Pauli gewesen. Welche Mannschaft auch immer Freitag abends am Millerntor auflaufen mußte, konnte sicher sein, auf ein grätsch- und klammerwilliges Pauli-Kollektiv zu treffen. Auf die Sekundär-Tugenden Kampf und Einsatz war immer Verlaß.

Doch spätestens seit dem Aufstieg sind andere Fertigkeiten gefragt, meint Trainer Uli Maslo. Peu a peu hat sich der 58jährige darob eine technisch versierte Truppe zusammengeleast, voll junger Talente, die den Doppelpaß nicht scheuen wie der Teufel das Weihwasser. Bislang kamen die Sobotziks und Dinzeys auch ganz gut in der neuen Spielklasse zurecht, durfte Maslo das „Low-Budget-Team“ – seine derzeitige Lieblingsvokabel – oft loben. Nicht so nach dem 1:3 gegen den VfB Stuttgart: „So schwach wie in der ersten Halbzeit habe ich meine Mannschaft noch nie gesehen.“ Den „totalen Einsatz“ habe er vermißt, feldwebelte Maslo, der sich statt im Presse-Container auf dem Kasernenhof zu wähnen schien: „Der Gegner wurde nicht aggressiv genug bekämpft.“

Wer hätte auch zur Attacke auf den VfB blasen sollen, dem mit Technik nicht beizukommen war, nachdem Elber und Bobic das 1:0 von Martin Driller in ein 1:2 verwandelt hatten? Die rustikale Fraktion ist beim FC inzwischen in der Minderheit: Hollerbach holzt woanders, Gronau und Fröhling sind nur zweite Wahl. So blieb Dieter Schlindwein für die Re-Zweitligarisierung, die nach dem Platzverweis für Stuttgarts Haber richtig losgehen sollte. Daraus wurde nichts: Der eingewechselte Eisen-Dieter – die Verzweiflung hatte Maslo dazu getrieben –, sah nur die Hacken seiner Gegenspieler: Gilewicz traf noch zum 1:3; bis auf Driller fügte sich der Rest.

„So kann man die Liga nicht erhalten“, erkannte auch Maslo, der auf den albanischen Nationalspieler Hysem Zmijani setzt. Der Neuzugang soll die Abwehr stärken, die mit 15 Gegentoren eine der schwächsten in der Bundesliga ist. Vom 31jährigen hofft Maslo, daß er sich nicht so schnell den Schneid abkaufen läßt und die Jungspunde führen kann. Gebont, doch ackern müssen sie schon alleine. cleg