Der Watzmann bebt nicht, Berchtesgaden steht noch

■ Die als „Mega-Event“ angedrohte FIS-Snowboard-WM erweist sich als zwar stimmungsvoll, doch sportlich teilweise unwürdig und bestimmt vom kalten Krieg mit der Konkurrenzfirma ISF

Berchtesgaden (taz) – Vom Watzmann wird gemeldet: Keinerlei Erschütterungen trotz FIS- Snowboard-WM. Der Deutsche Skiverband (DSV) hatte zwar in einer Broschüre angekündigt, der Berg werde beben wegen selbiger. Aber Irrtum. Und auch Berchtesgaden, Schauplatz von Siegerehrungen, Eröffnungs- und Abschluß-Partys, steht noch. Gut, ein paar ältere Nachbarn der Kurzone könnten einen Gehörsturz davongetragen haben nach siebentägiger Beschallung mit Popmusik. Dafür hat es die Jugend genossen, und die Hotelbesitzer haben wieder Hoffnung auf bessere Auslastung, nachdem der Name Berchtesgaden eine Woche lang neben dem Lieblingswintersport der Kids in allen Zeitungen stand.Trotzdem: Das vom DSV versprochene „Mega-Event“ ist die WM nicht geworden, nur eine ordentliche, stimmungsvolle Veranstaltung, was aber auch schon ein Erfolg ist.

Aber eines hat überhaupt nicht geklappt bei dieser WM des stolzen Skifahrerverbandes FIS: Daß nicht über den Konkurrenten und Pionierverband ISF gesprochen wurde. Der kalte Krieg ist in diesem Winter in eine neue Phase getreten, nachdem die Gewerkschaft der ISF-Fahrer, PSA, Starts bei der FIS unter Strafe stellte. Konsequenz: Absenz der ISF-Profis, damit Abwertung der Bewerbe.

Andere, wie Sandra Farmand aus Wuppertal, Dritte im Parallel- Slalom, die vor dieser Saison die Fronten gewechselt hatte, mußten ständig über die Schwierigkeit des Umsteigens reden. So kursierte das Thema jeden Tag, auch wenn es offensichtlich jedem auf die Nerven ging. „Dazu sollte ich eigentlich nichts sagen; das lenkt nur ab“, sagte die ebenfalls konvertierte Halfpipe-Artistin Sabine Wehr- Hasler aus Offenbach. Und sprach dann trotzdem darüber, daß sie ihr Dasein als freie Geschäftsfrau bei der ISF satt hatte und lieber auf die geregelte Förderung des DSV umstieg. Sonst hätte sie praktisch gar nicht reden dürfen; ihre WM-Ziele – sie wurde schließlich Sechste – interessierten nur am Rande.

Es war Unsinn von den ISF- Fahrern, sich die medienwirksamen Auftritte in Berchtesgaden selbst vorzuenthalten. Ihrem Sport halfen sie damit nicht weiter. Lieferten statt dessen dem Snowboard-Beauftragten der FIS, Hanno Treindl, einen Anlaß, genüßlich über die mangelnde Kooperationsbereitschaft seines ärgsten Gegners PSA herzuziehen.

Nur eines brachte der Rückzug: Die Sieger von Berchtesgaden, darunter der Ingolstädter Markus Ebner (Riesenslalom), haben nicht wirklich die Besten der Welt hinter sich gelassen. Die Freestyle-Bewerbe, Halfpipe und Snowboardcross, waren ohne ISF einer WM sogar unwürdig. „So ein Bewerb ist nicht das gleiche ohne die ISF-Profis“, gab Halfpipe-Sieger Ricky Bower zu.

Übernächste Woche startet nun der WM zweiter Teil, in Val di Sole, Italien, veranstaltet von der ISF. Beben wird da auch nichts. Fred Stein