■ Die UNO will sich aus Angola zurückziehen: Zehn Jahre vergebliche Arbeit
Eigentlich haben die Vereinten Nationen gar keine andere Wahl. Nachdem sie nicht verhindern konnten, daß in Angola der Bürgerkrieg zwischen MPLA-Regierung und Unita-Rebellen wieder voll ausbricht, haben die UN-Beobachter zur Überwachung des Friedensprozesses in dem afrikanischen Land nichts mehr zu suchen. Indem er den kompletten Abzug empfiehlt, zieht Kofi Annan daraus die einzig mögliche Konsequenz.
Es liegt auf der Hand, daß der Krieg in Angola jetzt erst richtig losgeht. Soeben hat Angolas Regierung eine Generalmobilmachung für die gesamte männliche Jugend verkündet, während die Unita-Rebellen eine Offensive in Richtung der Ölfelder an der Küste starten. Als ob sich die Geschichte wiederholt, zirkulieren nicht verifizierbare Gerüchte über ausländisches Eingreifen von Söldnern aus Südafrika und Kuba, den alten Angola-Kriegsparteien aus den Zeiten des Ost-West-Konflikts. Wer sich die Mühe macht, alte Pressemitteilungen von MPLA und Unita von vor zehn Jahren zu lesen, entdeckt darin wechselseitige Vorwürfe niederschmetternder Aktualität.
Mit dem UN-Abzug zerschlägt sich jedoch mehr als die zehn Jahre alte Hoffnung auf eine international abgesicherte Befriedung Angolas. In dem Kriegsgürtel, der sich von Angola bis Ruanda quer durch Zentralafrika zieht, wird die UNO nun nicht mehr präsent sein, während zugleich immer mehr ausländische Armeen auf den Territorien zerfallender Staaten Machtkämpfe ausfechten. Lediglich in der Zentralafrikanischen Republik stehen dann möglicherweile noch UN-Blauhelme – aber nach dem Willen des Sicherheitsrates sollen auch die ab Ende Februar abziehen. Dies will Kofi Annan nicht, weil dann auch dieses Land wieder im Bürgerkrieg versinken könnte. Möglicherweise opfert er Angola, um die Zentralafrikanische Republik zu retten.
Aber zugleich begräbt Annan auch die gerade von ihm selbst im vergangenen Jahr genährten Hoffnungen, die UNO könnte sich ernsthaft an der Beilegung der verschiedenen Konflikte in Zentralafrika beteiligen. Die Zeichen stehen auf mehr Blutvergießen. Während Kofi Annan in New York seinen Angola- Bericht vorlegte, platzte in Sambia erneut ein Kongo- Gipfel afrikanischer Staaten. Daß der UN-Generalsekretär in seinem Bericht die Forderung äußerte, die UNO solle ihre humanitäre Hilfe für Angolas Bevölkerung „weiterführen und intensivieren“, bleibt ein frommer Wunsch. Über ein Konzept, wie mit den Herausforderungen dieser Kriege umzugehen wäre, verfügen die Vereinten Nationen nicht. Dominic Johnson
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