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Gebührenverbot wankt

■ Erster SPD-Bildungsminister kokettiert mit Seminargeld. Ohrfeigen für Bulmahn

Berlin (taz) – Edelgard Bulmahn war nach Hannover gereist, um sich gleich zwei Ohrfeigen abzuholen. Die Bundesbildungsministerin des Bundes, angetreten, um das bezahlte Studium in Deutschland zu verbieten, erhielt von ihrem niedersächsischen Kollegen Thomas Oppermann keine Unterstützung für ihr erstes wichtiges Vorhaben. Studiengebühren verbiete man „am besten gar nicht“, wies Oppermann ungerührt entsprechende Forderungen des rot- grünen Koalitionsvertrags zurück. Und traf zugleich Bulmahns andere Backe als Landesvorsitzende der SPD. Wenn die niedersächsische SPD-Chefin nicht mal in der eigenen Partei im eigenen Land Geld fürs Studium abwehren kann, wo dann?

Dabei war die Bildungsministerin schon auf eine weiche Linie eingeschwenkt. Bulmahn nickte in Hannover „Verwaltungskostenbeiträge“ in Höhe von 100 Mark ab, die Niedersachsens Kabinett morgen beschließen wird. Nach Berlin und Baden-Württemberg müssen nun auch die Studierenden in Göttingen, Braunschweig, Oldenburg, Hannover und acht weiteren Hochschulorten Einschreibegebühren berappen.

Die „richtigen Studiengebühren“ zwischen 1.000 und 3.000 Mark will Oppermann zwar bis 2003 politisch nicht initiieren. Aber die „Diskussion in der SPD ist jetzt eröffnet“, sagte der Minister der taz: „Es darf bei Studiengebühren keine Denkverbote geben.“

Bulmahn reagierte gestern gereizt. Sie drohte den Ländern an, bei Studiengebühren „den Weg über ein Bundesgesetz zu gehen“. Bislang hatte die Ministerin die Einigung über einen Staatsvertrag suchen wollen. Doch selbst diese harmonische Variante wies Oppermann zurück. Warum etwas zementieren, was man bald wieder zurückholen müsse, fragte der Kultusminister. Damit ist das erste SPD-regierte Land vom Glauben abgefallen – und das Gebührenverbot rückt in weite Ferne.

Der Studentenverband fzs und die Jusos empörten sich sofort. Und die Bildungsministerin kündigte weitere Gespräche mit den Ländern an. cif

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