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Regierung mit „unideologischer“ Energiepolitik

■ Im Bundestag verteidigen die Minister Trittin und Müller Seite an Seite den Atomausstieg

Keine Rede mehr von den Meinungsverschiedenheiten der Vergangenheit: Gemeinsam verteidigten Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) und Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) gestern in einer Aktuellen Stunde des Bundestages die Pläne der rot-grünen Bundesregierung für ein gesetzliches Verbot der atomaren Wiederaufbereitung gegen heftige Angriffe der Opposition.

Nach Ansicht von Jürgen Trittin stellt der Ausstieg aus der Wiederaufarbeitung keine Belastung der Beziehungen zu Frankreich und Großbritannien dar. Beide Regierungen seien „zeitig und umgehend“ von Bonn über das Vorhaben der Koalition unterrichtet worden. Der Umweltminister wiederholte seine Auffassung, daß es für Schadenersatzforderungen der ausländischen Vertragsfirmen keine rechtliche Grundlage gebe. Bei anderen Gelegenheiten hatte Trittin diesen Standpunkt damit begründet, daß in den Verträgen „höhere Gewalt“ – auch eine Gesetzesänderung – eine Entschädigung ausschließe.

„Sie reisen durch Europa und erklären, Sie seien die höhere Gewalt. Nach BGB ist die höhere Gewalt eine Katastrophe“, sagte dazu Kurt-Dieter Grill (CDU). Er warf der Regierung vor, 100.000 Arbeitsplätze zu vernichten und außenpolitische Fragen „mit dem Holzhammer“ zu behandeln. Ähnlich äußerte sich Günter Rexrodt (FDP): „Das ist nicht höhere Gewalt, das ist plumpe Gewalt.“ Das Vorhaben der Bundesregierung richte „enormen europapolitischen Flurschaden“ an, der sich auch auf die Verhandlungen über die Agenda 2000 auswirke.

Die Politik der Bundesregierung sei „weit weniger idelogisch“ als von der Opposition behauptet, erklärte dagegen Wirtschaftsminister Werner Müller. Es sei ohnehin in den letzten 20 Jahren kein neues Atomkraftwerk gebaut worden und auch für die nächsten 20 Jahre keines geplant. „Die Lage ist, die Kernenergie ist ein Auslaufprozeß.“ Es gehe jetzt lediglich darum, diesen zu ordnen. Bettina Gaus

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