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Die Grenze des Befahrbaren

■ Ohne Autos und Straßenbahn: Der Ottenser Spritzenplatz ist seit den 60er Jahren verkehrsberuhigt. HändlerInnen und KundInnen mögen's

Der Mann im gelben Anorak, das Baby im bunten Tragetuch vor den Bauch gebunden, schlendert zwischen den Marktständen entlang. Links Äpfel aus dem Alten Land, rechts ein Brot- und ein Eierwagen. Ob er sich vorstellen könne, daß statt Marktständen hier Autos stünden? „Das wäre Wahnsinn“, empört er sich, „der Spritzenplatz ist doch das Herz von Ottensen.“ Und das dürfe man nicht so einfach zuparken.

Früher ging das. Bis Ende der 60er führte die Bahrenfelder Straße zweispurig quer durch den Stadtteil. Erst nach der Reduzierung auf nur eine Fahrtrichtung entstand der Spritzenplatz im heutigen Zustand. Autos, die Richtung Norden fahren, werden nun kurz vor den Marktständen in die Ottenser Hauptstraße geleitet. Wer aus der anderen Richtung kommt, muß vor dem Platz in die Große Rainstraße abbiegen. Weg ist auch die Straßenbahn, die früher vom Bahnhof Altona aus durch die Ottenser Hauptstraße fuhr.

Welches Verkehrskonzept das bessere ist, darüber sind die EinzelhändlerInnen der umliegenden Geschäfte uneinig. Ingrid Fiedler von der Buchhandlung Christiansen spürt bei dem Thema „zwei Seelen in meiner Brust: Auf der einen Seite sollte der schöne Platz offen und frei bleiben, auf der anderen Seite sind da die Kunden.“ Die beklagen den Mangel an Parkplätzen – auch wenn sie ihre Wagen seit einiger Zeit im Mercado-Parkhaus abstellen können.

Anderen UnternehmerInnen geht die Verkehrsberuhigung nicht weit genug. Man solle die Bahrenfelder Straße ganz schließen und für gute Busanbindungen sorgen, findet Babette Krosch vom Weinkontor gegenüber de Spritzenplatz. „Wäre hier mehr Verkehr, würde doch alles zusammenbrechen“, glaubt Marlies Harahap von der Boutique „Laisser faire“. Zudem sorge der Platz für Flair im Stadtteil und sei ein beliebter Trefpunkt vor allem im Sommer, wenn das griechische Restaurant Tische nach draußen gestellt habe.

Auch die weißhaarige Frau, die gerade einen Plausch mit der Händlerin am Gemüsestand hält, möchte diese Situation nicht mehr missen: „Wo sollte der Markt denn sonst hin?“ Viermal wöchentlich werden die Stände aufgebaut. „Diese Vielfalt ist doch gerade das Attraktive an Ottensen“, schwärmt der junge Vater, der mittlerweile am Käsestand angekommen ist. „Das muß ein anderer Stadtteil erst mal bieten.“ Karen Schulz

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