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Zurück auf den Boden des Ärztealltags

■ Günther Jonitz, Chirurg im Krankenhaus Moabit und Kandidat der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, wird den linksalternativen Ellis Huber als Präsident der Ärztekammer beerben. KritikerInnen befürchten

Wie ein Putschist wirkt Günther Jonitz nun wirklich nicht, wenn er an dem kleinen Tisch im Charlottenburger Café Savigny Milchkaffee trinkt und mit süddeutschem Akzent von Qualitätssicherung und Verantwortung ärztlichen Handelns spricht. Doch „einen Putsch“ werfen einige seiner KollegInnen dem 40jährigen Chirurgen vor. Oder „ein Umkippen“, wie es die 1982 die FDP vollzogen hat.

Denn wie damals die Freidemokraten hat Jonitz‘ Gewerkschaft Marburger Bund (MB), in der die Klinikärzte organisiert sind, nach der Ärztekammerwahl im Dezember plötzlich den Bündnispartner gewechselt. Deshalb wird Jonitz am Mittwoch abend höchstwahrscheinlich mit den Stimmen der konservativen Liste „Allianz Berliner Ärzte“ Ellis Huber ablösen, den einzigen linksalternativen Kammerpräsidenten dieser Republik, obwohl dessen „Fraktion Gesundheit“ erneut stärkste Kraft in der ärztlichen Standesorganisation ist. Zwölf Jahre lang war Huber Präsident der Berliner Ärztekammer, in den letzten vier Jahren war Jonitz sein Stellvertreter.

„Was die großen Ziele angeht, gibt es kaum Unterschiede zwischen Ellis und mir“, sagt Jonitz, der sich selbst als liberal bezeichnet und sich dem „Geist der Aufklärung“ verbunden fühlt. Huber sieht das genauso. Jonitz plädiert für eine Arzneimittel-Positivliste und ein neues ärztliches Honorarsystem, hegt Sympathie für die bündnisgrüne Gesundheitsministerin Andrea Fischer und lehnt die Krankenhauspolitik der hiesigen CDU-Gesundheitssenatorin Beate Hübner ab. Deren Streichliste bedroht auch seine Klinik, denn noch arbeitet Jonitz – wie seine Frau – mit einer halben Stelle im Krankenhaus Moabit. Gemeinsam mit ihrem siebenjährigen Sohn wohnen sie am Rand der Stadt in Brandenburg.

Jonitz, der in einem kleinen Städtchen bei Tübingen aufgewachsen ist, zog zum Medizinstudium zunächst nach Bochum, 1979 dann nach Berlin. Nach dem Studium arbeitete er in einer Rettungsstelle und der Pathologie, seit vielen Jahren ist er Assistenzarzt im Krankenhaus Moabit. Im MB ist Jonitz, der sich selbst als „modernen, aufgeklärten und innovativen Gewerkschafter“ bezeichnet, seit Ende der 80er Jahre aktiv. Von 1995 bis 1997 war er Landesvorsitzender des MB. Zur gleichen Zeit wurde er Vizepräsident der Ärztekammer.

Öffentlich in Erscheinung getreten ist Jonitz in dieser Zeit aber kaum. „Ellis hat die Kammer zu einer Ein-Mann-Firma gemacht“, klagt er. Provokante Thesen und knallige gesellschaftspolitische Analysen, mit denen sich Huber schnell sowohl zum Medienliebling als auch zum Feindbild konservativer Ärzte entwickelte, hört man von Jonitz nicht. „Es bringt nichts, wenn Ellis viel erzählt und nichts dabei rumkommt“, sagt er. Wo Huber auch im eigenen Lager polarisierte, provozierte und mit gesellschaftspolitischen Visionen so um sich warf, daß ihm manchmal selbst Gleichgesinnte einen Verlust an Bodenhaftung attestierten, will Jonitz „raus aus den Schützengräben“ und „weg von ideologisierter Politik“. Er will integrieren, ausgleichen und sich wieder mehr auf die Rolle der Ärzteschaft besinnen.

Statt gesundheitspolitischen Engagements befürchten deshalb Huber-AnhängerInnen wie der gesundheitspolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Bernd Köppl, einen Rückfall in klassische Standespolitik. „Das wird dem Ansehen der Kammer schaden, denn die hatte bislang einen besonderen Ruf“, sagt Köppl. Sein Parteifreund Johannes Spatz, der seit Jahren den Kongreß „Armut und Gesundheit“ mitorganisiert, befürchtet, daß sich die Ärztekammer nun von der Unterstützung des Kongresses zurückziehen wird. „Von Günther Jonitz erwarte ich nichts Innovatives“, sagt Spatz, „vor allem keine scharfe Kritik an seinem eigenen Stand.“ Dabei sei diese dringend notwendig. Die beiden grünen Ärzte sind enttäuscht von dem Wechsel des MB, doch überrascht von der Front gegen Huber sind sie nicht: „Ellis hat ein Stück Bündnisfähigkeit verloren“, sagt Köppl. „Es gab ein starkes Bestreben, ihn abzuwählen.“

Den bevorstehenden Rückfall in die Standespolitik weist Jonitz zwar zurück, doch auch er selbst spricht von der Kammer als Dienstleitungsunternehmen für die Ärzte und davon, daß Huber den Bezug zu „den Doktors“ verloren habe. Als Kammerpräsident will er zunächst eine Beschwerdestelle für PatientInnen einrichten, die ärztliche Fortbildung verbessern und einen Kongreß zu Führung und Qualität im Gesundheitssystem durchführen. Daß er bei allem, was er tut, auch seinen konservativen Bündnispartnern, meist Chef- und Fachärzten, gerecht werden muß, schreckt ihn dabei nicht. Aller inhaltlichen Nähe zu seinem baldigen Vorgänger zum Trotz. Sabine am Orde

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