piwik no script img

Nah am Schmalztopf

■ Sascha Merlin singt französische und eigene Chansons in der Opera stabile

Große Gefühle zu vermitteln will bekanntlich gelernt sein. Und bei der Adaption der Chansons von Edith Piaf und Jacques Brel mit den ewigen Themen Liebe, Tod und Weltschmerz steht der Schmalztopf der Banalitäten stets gefährlich in Griffweite. Sascha Merlin, der am Freitag und Samstag in der Opera stabile – nach siebenjähriger Bühnenpause – sein neues Liederprogramm Sascha singt vorstellte, gelang das musikalisch-emotionale Wagnis nur teilweise.

Um das Mißlungenste vorwegzunehmen: Merlins selbstgeschriebene Texte sind durchweg schlimmste Liedermacherei. „Ich habe mich verändert / aber verändert habe ich mich nicht“ oder die ach so große Offenheit von Kindern – banaler geht's kaum. Die französischen Chansons wollten im ersten Teil auch noch nicht recht gelingen. Allzu oft verließ sich der Sänger auf einen bedeutungsschwangeren Blick in die Ferne oder aufs Mikro anstatt auf seine Stimme, und das reicht nicht ganz, um den Funken von „Sous le ciel de Paris“ oder „Les amants d'un jour“ zu entfachen.

Deutlich besser wurde Merlin im zweiten Teil. Die Stimme wurde ausdrucksvoller, Gestik und Mimik trugen die Texte mit. Wenn Merlin in „Fernand“ von Brel bei der Beerdigung eines Freundes mit Gott und dem Schicksal hadert oder am Hafen von „Amsterdam“ steht, spürt man tatsächlich etwas von der Intensität und der Kraft des Originals. Da stört dann auch nicht mehr, daß die französische Aussprache des Sängers manchmal verbesserungsfähig wäre. Problematisch ist allerdings die Wiedergabe französischer Chanson-Texte auf deutsch; was im Original mitreißen kann, wirkt in der Übersetzung meist arg kitschig.

Beim Publikum im restlos ausverkauften Saal kam der Abend gut an; am Ende gab's für Merlin und seinen Pianisten Kersten Kenan ausgiebigen Applaus. jam

Zusatzvorstellung am 29. Januar, 20.30 Uhr, Opera stabile

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen