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Neue Kasernennamen gesucht

■ Verteidigungsministerium mit Prüfauftrag für Kasernennamen: Künftig keine Nazi-Generäle mehr. Grüne Beer: Name Rommel prüfen

Bonn (taz/rtr/dpa) – Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) will umstrittene Kasernennamen der Bundeswehr aus der Zeit der Wehrmacht oder des Ersten Weltkriegs ändern. Wie der Sprecher der Hardthöhe, Detlef Puhl, gestern versicherte, ermuntere Scharping die Soldaten und die Gemeinden, in denen ihre Kasernen liegen, zu entsprechenden Initiativen. Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye betonte, es gebe aber zur Zeit keine konkreten Pläne für eine Umbenennung von Kasernen. Kulturstaatsminister Michael Naumann hatte das Interesse an der Debatte neu entfacht, nachdem er im Fernsehen auf die Frage nach Kasernen mit Namen von Nazi-Generälen gesagt hatte: „Das ändern wir jetzt. Das schwör' ich Ihnen. In zwei Jahren finden sie keine mehr.“

CDU/CSU und FDP warnten vor „Schnellschüssen“. Gegen eine Prüfung, ob bestimmte Kasernennamen noch in das heutige Traditionsverständnis paßten, sei grundsätzlich nichts einzuwenden. Allerdings müsse „dringend davor gewarnt werden, dabei ideologische Geschichtsbereinigung zu betreiben und das Kind mit dem Bade auszuschütten“, sagte der CSU- Wehrexperte Kurt Rossmanith. Der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Puhl, verwies darauf, Scharping habe klargemacht, daß es für das Traditionsverständnis drei Quellen gebe: die preußischen Reformer wie Scharnhorst, die Widerstandskämpfer der Wehrmacht gegen das Nazi-Regime und die eigene Tradition der Bundeswehr.

Die verteidigungspolitische Sprecherin der Bündnisgrünen, Angelika Beer, erklärte, die rot- grüne Koalition habe sich vorgenommen, die Defizite im Traditionsbereich, die der CDU-Verteidigungsminister Volker Rühe zu verantworten habe, zu beheben. Namen von Kasernen und Schiffen, die sich auf Generäle der Wehrmacht und des Ersten Weltkrieges bezögen, sollten geändert werden. Ausnahmen sieht Beer bei Offizieren der Wehrmacht, die wie Stauffenberg aktiv am Widerstand gegen Hitler beteiligt waren. Auf die Frage, ob auch der Name des Generalfeldmarschalls Rommel, dessen Teilnahme am Widerstand unter Historikern strittig ist, der aber 1944 auf Druck Hitlers Selbstmord begehen mußte, gestrichen werden sollte, erklärte Beer zur taz: „Persönlich bin ich der Meinung, daß Rommel nicht zur Traditionswürdigkeit der Bundeswehr gehört.“ Eine Streichung des Namens hatte ein Sprecher der Hardthöhe dementiert.

Nach Angaben von Beer liegt der Hardthöhe seit kurzem ein Prüfauftrag vor. Die Traditionspflege werde auch in der Wehrstrukturkommission eine Rolle spielen. Eine „gute Arbeitsgrundlage“ sind laut Beer die Abschlußberichte der SPD und der Grünen aus dem Bundeswehruntersuchungsausschuß, der sich 1998 mit rechtsextremistischen Vorfällen in der Truppe befaßte und dabei auch ihr Traditionsverständnis debattierte. Beer begrüßte Scharpings Vorschlag, die Bundeswehr selbst sollte sich Gedanken über neue Namen machen. „Das ist besser, als wenn es nur administrativ verordnet wird“, so Beer zur taz.

Der CDU-Verteidigungsexperte Paul Breuer meinte, für die Union sei klar, daß die Wehrmacht als Organisation nicht Vorbild für die Bundeswehr sein könne, da sie einem verbrecherischen Regime gedient habe. Dies gelte im übrigen auch für die Nationale Volksarmee (NVA) der DDR. Schon unter Rühe wurden mehrere Bundeswehrkasernen umbenannt, die die Namen umstrittener Militärs der Wehrmacht trugen. So erhielt die Generaloberst Dietl-Kaserne in Füssen im November 1995 den Namen Allgäu-Kaserne. Im selben Monat wurde die General Kübler- Kaserne in Mittenwald in Karwendel-Kaserne umbenannt. Eine Hamburger Kaserne, in der Teile der Führungsakademie untergebracht sind, heißt sei Juni 1994 in Erinnerung an den Mitbegründer der Bundeswehr Graf Baudissin- Kaserne. Zuvor hatte sie den Namen des Luftwaffengenerals Günter Schwarzkopf getragen, der 1940 beim Angriff auf Frankreich gefallen war. sev

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