piwik no script img

KommentarGenug gefeilscht

■ Die bisherige Klinikplanung ist ein fauler Kompromiß

Die Beschlüsse der großen Koalition zur Krankenhausplanung sind ein fauler Kompromiß, der mit gesundheitspolitischer Gestaltung herzlich wenig zu tun hat.

Statt Kliniken nach ihrer Qualität und der Zufriedenheit der PatientInnen, nach ihrer Wirtschaftlichkeit und der Bedeutung für die medizinische Versorgung zu beurteilen, wurde um zahlreiche Häuser gefeilscht wie auf einem orientalischen Basar. Das schlagende Argument dabei war allzu häufig: Keine Klinikschließung in meinem Wahlkreis oder bei meiner Klientel. Gesundheitssenatorin Beate Hübner (CDU) wollte das zuletzt verhindern und ist damit gescheitert, vor allem auch an ihrer eigenen Partei.

Doch das Kalkül ihrer Gegner wird nicht aufgehen, denn das Thema ist nicht vom Tisch. Proteste an den teilweise willkürlichen Entscheidungen werden weitergehen und auch Thema im Wahlkampf sein. Dafür wird nicht nur die ÖTV sorgen, die sauer über die großen Einschnitte bei den städtischen Kliniken ist. Auch Leitung und MitarbeiterInnen des Krankenhauses Moabit werden nicht tatenlos zusehen, wie die anstehende Schließung ihrer Klinik vertuscht werden soll.

Denn de facto hat sich die Koalition auf die Schließung in Moabit verständigt, wie es seit langem von den Kassen gefordert wird. Nur zugeben will sie das nicht. Und auch der unausgegorene Plan, daß das Jüdische Krankenhaus nach Moabit ziehen soll, könnte massive Probleme bringen. Denn das Jüdische Krankenhaus scheint gar nicht nach Moabit zu wollen. Wer aber einem „historischen, jüdischen Standort“ an den Kragen geht, kann ganz schnell in Verruf geraten. Nicht umsonst hat Hübner der Klinik bislang eine Art Bestandsschutz gewährt.

Die Entscheidung der Koalition hat also vor allem einen Vorteil: Daß es endlich eine Entscheidung gibt. Das beendet die Unsicherheit vieler Beschäftigter und beendet hoffentlich auch den massiven Druck der Krankenkassen. Dann könnte wieder Ruhe einkehren in die Krankenhauspolitik und damit ein neuer Handlungsspielraum für sinnvolle Reformen entstehen, die dringend notwendig sind. Nur erwarten kann man sie, das ist endgültig klar, von dieser Regierung nicht. Sabine am Orde Seite 20

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen