: Von der Sehnsucht der Maschinenwesen
Fest bis feucht: Sechs Galerien in der Admiralitätstraße zeigen neue Arbeiten ihrer Künstler ■ Von Hajo Schiff
Die gleichzeitige Eröffnung der inzwischen auf einen Sechserpack angewachsenen Galerien in der Admiralitätsstraße 71 ist neben den Spektakeln auf der Kunstmeile geradezu das Hamburger Kunstereignis. Letzen Freitag war es wieder mal angesagt, durch Vorder- und Hinterhaus zu strömen, zu gucken, was gezeigt wird und sich selbst zu zeigen.
Als einzige mit Schaufensster zur Straße, ist die Galerie Sfeir-Semler für hochklassige internationale Künstler bekannt. Diesmal zeigt sie mit dem seit 1994 erarbeiteten Brunnen-Zyklus, den Barbara Camilla Tucholski in dem toscanischen Kloster St. Anna in Camprena erstellte, das Objekt und seine Spiegelungen, Festes und Flüssiges ertastende Zeichnungen. Doch die großen Gemälde dazu bleiben merkwürdig flau, unentschieden zwischen Gegenständlichkeit und Farbstimmung changierend. Da markieren die klar gemalten, inhaltlich verschlüsselten Bilder des Berliners Nader in der Galerie Helga Maria Klosterfelde eine kräftigere Position, auch wenn die in den Bildtiteln angelegten Kommentare zur Philosophiegeschichte ein wenig aufgesetzt wirken.
Wie auch die Galerie Jürgen Becker präsentiert die Produzentengalerie stets mehrere der vertretenen Künstler, diesmal Arbeiten von Franz Ackermann, Gisela Bullacher und Stephen Craig. Von dem in Hamburg lebenden Nordiren sind frühe „Landschaftsboxen“ von 1987 zu sehen und das Modell des „Stereo Apparatus“ von 1993. Große Arbeiten des Architektenkünstlers, documenta-x-Teilnehmers und Raumvisionärs bleiben der Ausstellung vorbehalten, die ab 27. Februar im Württembergischen Kunstverein Stuttgart läuft.
Zum ersten Mal bei einer Gruppeneröffnung dabei ist die Galerie Andreas Schlüter, in ihren neuen Räumen im zweiten Stock des Hinterhauses. Mit einer Einzelpräsentation des Hamburger Techniktüftlers Nicolas Anatol Baginsky setzt der Galerist sein schon in der alten Galerie am Hauptbahnhof begonnenes Engagement für die Maschinenkunst fort. Etwas überrascht durch die Schwatzhaftigkeit des vorwiegend mit sich selbst beschäftigten Publikums mußten Galerist und Künstler allerdings feststellen, daß die in leeren Räumen eher laut rhythmisierenden „Flamencomaschinen“ am Freitagabend kaum zu hören waren. Dabei ist der geklopfte Sound der seltsamen Roboter wichtig, erst er macht die vier großen, auf Holzpodesten stampfenden Maschinen zu mehr als nur selbstverliebt vor sich hin wackelnden Science-Fiktion-Abfällen. Flamenco ist für den Künstler mathematisch und wahrnehmungstechnisch etwas besonderes: zu der geradezu algorithmischen Überlagerung des Rhythmus kommt jene unbestimmte Sehnsucht, die so gut zu sich fortentwickelnden Maschinenwesen paßt.
Still aber wird es bei Dörrie* Priess. Unter dem Titel Innocence zeigt der Norweger Olav Christopher Jenssen neue, weißdominierte Malerei. Der in Berlin lebende und in Hamburg an der HfbK lehrende Künstler hat der Galerie mit neuen Wänden auch neues Raumgefühl verpaßt. Nicht nur seine Bilder führen archaisch-labyrinthische Einkratzungen in die weiß abgedeckte Oberfläche farbig mehrfach beschichteter Leinwände vor; auch der Galerieraum ist zu neuer Unschuld reduziert und durch die neuen Wände etwas labyrinthisch geworden. Das führt zu ungewöhnlichen Hängungen, etwa wenn eine Serie großer Zeichnungen um die Ecke gehängt ist, ergibt aber ein beeindruckendes Gesamterlebnis.
unterschiedliche Laufzeiten, meist bis Mitte März
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen