: Machtkampf in der ÖTV
■ Vier Bewerber streiten um Nachfolge von Hamburgs ÖTV-Chef Fritsch
Hektische Aktivität beherrscht dieser Tage jene Flure im Hamburger Gewerkschaftshaus am Besenbinderhof, in denen die mitgliederstarke ÖTV zu Hause ist: Am 3. März wird eine außerordentliche Bezirkskonferenz einen Ersatz für den Bezirksvorsitzenden Rolf Fritsch wählen, der die ÖTV vorzeitig zum 1. April verläßt, um Arbeitsdirektor beim stadtstaatlichen Hafenbetrieb HHLA zu werden.
Obwohl der neue Chef nur ein knappes Jahr bis zur nächsten ordentlichen Wahl im Februar 2000 im Amt sein wird, steht diesmal außerordentlich viel auf dem Spiel: Voraussichtlich Ende 2000 wird die ÖTV mit vier anderen Gewerkschaften fusionieren. Und dann, so weiß Petra Gerstenkorn von der Hamburger Bezirksleitung, „wird es sicherlich nicht 15 Leitungspositionen geben“. Für Spitzenfunktionäre gilt es also, „sich zu positionieren“, zumal die ÖTV bei der Besetzung der künftigen Spitze der großen Dienstleistungsgewerkschaft ein vermutlich ausschlaggebendes Wörtchen mitreden wird.
Statt die Nachfolge wie gewohnt demokratiefrei auszukungeln, bewerben sich diesmal gleich vier KandidatInnen um den Job des Hamburger Bezirksvorsitzenden: Favorit Wolfgang Rose, sozialpolitisches Aushängeschild der ÖTV und seit 11 Jahren Mitglied der Bezirksleitung, Petra Gerstenkorn, in der Bezirksleitung derzeit für die innergewerkschaftliche Bildungsarbeit zuständig, und die beiden ehrenamtlichen ÖTV-Funktionäre Holger Griebner und Bernd Schuckart.
Wenn heute nachmittag der 25köpfige Bezirksvorstand zusammentritt, um einen Wahlvorschlag für die außerordentliche Bezirkskonferenz am 3. März zu beschließen, fällt eine erste Vorentscheidung, zumal der Bezirksvorstand 25 der 125 Mitglieder der Bezirkskonferenz stellt. Wolfgang Rose, der durch seine profilierte Arbeit und seine Erfahrung klarer Favorit ist, kann sich seiner Wahl dennoch nicht sicher sein. Nicht wenigen im Funktionärsapparat gilt er als zu anstrengend und arbeitseifrig. Das SPD-Mitglied Petra Gerstenkorn hat das Handicap, außerhalb der ÖTV kaum bekannt zu sein. Sie setzt auf innere Werte: „In der Gewerkschaft sieht das ganz anders aus.“ Florian Marten
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen