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Preussag AG mit Rekordgewinn

■ Der Konzern will das Gemischtwarenladen-Image loswerden und setzt beim Umbau voll auf Tourismus. Auch der Anlagenbau soll weg

Hannover (dpa/rtr) – Der Titel der neuen Imagekampagne ist ein bißchen verwirrend. „Aus Preussag wird Preussag“ bewirbt der hannoversche Mischkonzern Preussag AG seine Umstrukturierung, die ihm im vergangenen Geschäftsjahr einen Rekordgewinn von 539 Millionen Mark, 36 Prozent mehr als im Vorjahr, eingebracht hatte. Tatsächlich werden die Aktionäre ihr Unternehmen auf der Hauptversammlung im März wohl kaum noch wiedererkennen. Die radikale Neuausrichtung hin zu einem europäischen Touristikriesen kommt voran. Noch in diesem Jahr, so kündigte Preussag-Vorstandschef Michael Frenzel am Dienstag bei der Bilanzvorlage an, wolle sich der Konzern in Großbritannien und Frankreich weiter ausbreiten und gleichzeitig traditionelle Industriebereiche in Deutschland abstoßen.

Ganz oben auf der Habenwollen-Liste der Preussag AG steht dabei der Zusammenschluß des britischen Reisekonzerns Thomas Cook mit der britischen Tochter des US-Reisekonzerns Carlson. Bis September planen die Hannoveraner, dort die Mehrheit zu übernehmen. Loswerden wollen sie dagegen nach der Preussag Stahl AG, die heute Salzgitter AG heißt, nun auch den trotz Sanierung immer noch verlustreichen Anlagenbau: Der Bereich rund um die Noell-Gruppe soll an die Deutsche Babcock AG losgeschlagen werden, den gleichen Weg könnten möglicherweise auch Anteile an der Howaldtswerke-Deutsche Werft AG in Kiel gehen. Im Gegenzug würde sich Preussag selbst mit knapp unter 50 Prozent an der Babcock beteiligen, hieß es.

Preussag verfolge beim Ausstieg aus bestimmten Feldern „eine genauso klare Strategie wie beim Aufbau der Wachstumsfelder“, sagte Frenzel. Allerdings müsse er zugeben, daß der Umbau der Konzernstruktur die „radikalste Veränderung“ sei, die ein deutsches Unternehmen in den vergangenen Jahren durchgemacht habe. Er sehe sich aber auch durch den Rekordgewinn bestätigt. Die bedeutendste Sparte sei bereits jetzt die Touristik und Logistik mit einem Umsatz von 15 Milliarden Mark und einem Anteil am Gesamtgewinn von 60 Prozent. Zahlen für das laufende Jahr könne er nicht nennen, wegen der Veränderungen sei ein Vergleich mit dem Vorjahr ohnehin nicht möglich, sagte Frenzel, ließ aber durchblicken, daß sich Umsatz wie auch Gewinn im ersten Quartal „positiv entwickelt“ hätten.

Die Preussag AG hatte sich im vergangenen Jahr durch die Übernahme unter anderem der Touristikunternehmen Hapag-Lloyd und TUI 21 Milliarden Mark an Umsatz hinzugekauft. Durch den Verkauf der Stahlsparte gingen rund 7 Milliarden verloren. Mittelfristig plant Frenzel weitere Firmenübernahmen und den Eintritt in neue Märkte. Dabei nannte er vor allem den französischen Touristikmarkt. Zur Zeit gebe es allerdings keine Verhandlungen über neue Zukäufe. „Jetzt hat erst einmal die Konsolidierung Vorrang“, so der Firmenchef. Über die Ausgabe neuer Aktien und Wandelschuldverschreibungen erhofft sich Preussag frisches Kapital in Höhe von zwei Milliarden Mark.

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