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Charmant in den Ruin geleitet

■ Jonglieren, Trommeln, kreatives Umbringen: Die Lovely Bastards begeistern alias „Die Varietisten“ im Schmidt Theater

Eine Varieté-Flut der männlichen Art ergießt sich im Schmidt Theater: Die drei Lovely Bastards schwimmen im schnellen Wechsel zwischen Comedy, Musik, Zauberei und Jonglage und verspritzen zeitgleich Komik, Können, Charme und Erotik. Leider nicht von Anfang an – zu Beginn ihres Programms Die Varietisten verschenken sie die ersten Nummern mit dämlichen Frotzeleien zwischen konkurrenzsüchtigen Männern und schlecht gedichteten Texten. Aber dann werden sie besser, viel besser - sogar klasse!

Die Bastarde sind Mischlinge der Entertainment-Künste: Wenn „Sir“ Wessels nicht gerade auf sehr kreative Art versucht, sich umzubringen, zelebriert er seine Spezialität, die Jonglage. Sensationell und komisch ist das Ping-Pong-Match, das er souverän und äußerst wendig in vier Sätzen mit seinem Mund statt Schläger verliert. Jojo Weiß, der musikalische und nervöse Aktivist, nutzt seinen Körper zu diffiziler Perkussion: Er schnalzt, schmatzt und grunzt, schlägt rhythmisch perfekt und vielstimmig auf seinen Resonanzraum ein. Zum Totlachen reizt seine Show mit den Ritualen von Fußballern, die den Sport nur betreiben, um ihre homoerotischen Gelüste im Jubel über ein Tor aneinander abzuturnen.

Mit Herz und Seele bezirzt Nil Reinsberg als romantischer Sänger, Zauberer und poetischer Bauchredner. Und, ganz der professionelle Moderator der Verkaufsshow „Raten und Warten“, geleitet er die Gäste charmant in den Ruin.

Die Unterhaltungswütigen hätten gerne noch weiter toben können. Zum Trost verschenkten sie für den Nachhauseweg als Andenken nackte Haut und ein Gute-nachtlied an alle. Gyde Cold

noch mal ab Donnerstag bis Samstag, 20 Uhr, und Sonntag, 19 Uhr, Schmidt Theater

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