: Der Doppelpaß und die Griechen
Gestern abend (2. 2. 99) hat sich der griechische Oppositionsführer Kostas Karamanlis (junior) in einem Interview mit der griechischen Redaktion des Bayerischen Rundfunks (Sendung von 20.30 bis 21 Uhr) gegen die doppelte Staatsangehörigkeit in Deutschland geäußert und die hier lebenden Griechen aufgefordert, sich mit den Aktionen gegen den Doppelpaß zu solidarisieren. Angeblich sei es gegen die nationalen Interessen Griechenlands, wenn viele Türken die Einbürgerung in Deutschland erlangen.
Es wäre vielleicht richtig, wenn die deutsche Öffentlichkeit erfährt, daß demokratische Griechen nur Abscheu gegen die chauvinistischen und unmenschlichen Ansichten von Karamanlis empfinden können. Als griechischer Gesellschaftswissenschaftler weiß ich, daß mehr als dreißig Prozent der heutigen Griechen eine doppelte Staatsangehörigkeit besitzen. Dies ist unter anderem auf die besonders große Migration zurückzuführen. Außerdem lebten die Griechen, als eine ethnische Gruppe, jahrhundertelang im multinationalen (nicht gerade liberalen) Osmanischen Reich oder in der Diaspora, ohne ihre kulturelle Identität zu verlieren.
Es wäre absurd zu behaupten, daß der Doppelpaß die deutsche Kultur gefährde. Wenn die Kultur, nicht nur die deutsche, in Gefahr ist, dann nicht zuletzt durch die Gegner der multikulturellen Gesellschaft. Ich möchte meine Solidarität mit den türkischen und allen anderen ausländischen Mitbürgern, die die Einbürgerung in Deutschland ohne Verzicht auf ihre ursprüngliche Staatsangehörigkeit wünschen, zum Ausdruck bringen. Andreas Christinidis, Politikwissenschaftler, Linden
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