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Für China zieht Fischer die Samthandschuhe an

■ Der grüne Außenminister auf Kinkels Spuren: Verzicht auf Verurteilung Pekings in der UN-Menschenrechtskommission. Angeblich noch keine endgültige Festlegung

Berlin (taz) – Die Bundesregierung strebt trotz verschärfter Repressionen in China keine Verurteilung Pekings bei der Tagung der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen Ende März an. Statt dessen versucht Bonn in der Europäischen Union einen Konsens zu erzielen, um keine chinakritische Resolution mehr einzubringen.

Das geht aus einem internen Papier des Arbeitsstabs Menschenrechte im Auswärtigen Amt hervor. Es definiert die angestrebte Position laut dpa als „Vertiefung von Dialog und Zusammenarbeit, öffentliche Kritik, jährliche Überprüfung, jedoch keine Resolutionsinitiative“. Das Auswärtige Amt war gestern bemüht, die Relevanz des Dokuments herunterzureden. Das Papier existiere, bestätigte Sprecher Martin Erdmann gegenüber der taz, jedoch habe es „keinen Status“ und stelle damit nicht die Politik des Amtes dar. Es gebe im Hinblick auf die UN-Menschenrechtskommission und China noch keine Festlegung der deutschen Position. „Der Meinungsbildungsprozeß intern und in der EU“ sei „noch in vollem Gange“. Dazu solle auch der zweitägige europäisch-chinesische Menschenrechtsdialog auf Beamtenebene beitragen, der am Montag in Berlin beginnt. Die EU-Außenminister wollten am 22. März über ihr Verhalten in der UN-Menschenrechtskommission entscheiden.

Mit dem Verzicht auf eine Resolution würde die neue Bundesregierung die bisherige China-Politik der Kohl-Regierung fortsetzen. Als er noch in der Opposition war, gehörte der bündnisgrüne Außenminister Joschka Fischer zu den schärfsten Kritikern der China-Politik Kohls. Im vergangenen Jahr hatten die EU-Staaten erstmals auf den Versuch verzichtet, eine chinakritische Resolution einzubringen. Peking hat in den vergangenen Wochen bereits andere Staaten vor der Unterstützung einer Resolution gewarnt.

Bonn und Washington hätten in ihrer Menschenrechtspolitik gegenüber China einen „ähnlichen Ansatz“, heißt es in dem Papier aus dem Auswärtigen Amt. Es werde eine „Drohkulisse aufgebaut“, um „kurzfristige Verbesserungen durchzusetzen“, heißt es in Anspielung auf öffentlich geäußerte Kritik an Peking. Die Option einer Resolution prüften die USA nach Einschätzung des Papiers jedoch nicht ernsthaft.

Der Menschenrechtssprecher der SPD- Bundestagsfraktion, Rudolf Bindig, unterstützt den Verzicht auf eine Resolution: „Ich bin für deutliche Worte, aber ein Stück Papier, mit dem man unterliegt, führt den Versuch ad absurdum.“ Amnesty international forderte gestern die EU- Staaten auf, eine Resolution zur Verurteilung Chinas vorzubereiten. Kritisch äußerte sich die Organisation auch zum am Montag im Berliner Hotel Hilton beginnenden EU-Menschenrechtsdialog mit China. „Der Wert des Dialogs kann nur an den konkreten Verbesserungen für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen gemessen werden.“ Das Auswärtige Amt weigerte sich, nähere Angaben zur Tagesordnung zu machen.

Das Forum Menschenrechte, ein Zusammenschluß von 38 Organisationen, hatte Gespräche mit den Delegationen beider Seiten abgelehnt. „Der Dialog darf keine Alternative zur Nutzung anderer Wege und Instrumente zur Besserung der Lage der Menschenrechte in China sein“, hieß es zur Begründung. Die Menschenrechtler fühlten sich mißbraucht, um einen Dialog zu legitimieren, der bisher zu keinen greifbaren Ergebnissen führte.

Bundeskanzler Schröder will Mitte Mai China besuchen – drei Wochen vor dem zehnten Jahrestag des Tiananmen-Massakers. Sven Hansen Kommentar Seite 12

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