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Gesetz gut, Ausführung mangelhaft

■ Debatte über die Schulautonomie und ihre Widerstände / Lehrer auch selbstkritisch / Allgemeiner Aufruf zu mehr Mut

Bildungsträume hat das Schulgesetz der letzten Ampelregierung 1993 nicht erfüllt. Das ist einhelliges Ergebnis einer Debatte, die am Dienstag Eltern, PolitikerInnen, Lehrer, Schüler und Behördenvertreter im vollbesetzten Saal der Bürgerschaft führten. Eingeladen hatte die Fraktion der Grünen zur Frage: „Das neue Bremer Schulgesetz – ein Meilenstein auf dem Weg zur –guten' Schule?“

Insgesamt kam das Gesetz in der gut zweistündigen Diskussion nicht schlecht weg. Lauteste FürsprecherInnen waren auch Eltern, die ihre Mitbestimmungsmöglichkeiten in den Schulgremien begrüßten. „Die Schulbehörde hat mit dem Schulgesetz die Flucht nach vorne angetreten. Das kann ich nur loben“, so ein Schulelternsprecher. Das größte Manko, „der Geldmangel, hat mit dem Gesetz nichts zu tun.“ Auch die Schulleiterin des SZ Walle, Barbara Larisch, wollte gleich vier Argumente aufbieten, „warum wir das Bremer Schulgesetz verteidigen müssen“ –allen voran die Möglichkeit des Lernens in Projekten. Doch ebenso einhellig war die Meinung, daß die Umsetzung des Gesetzes und der darin zugrundeliegende Gedanke von der „Autonomie der Schulen“ gravierende Schwächen aufweise.

Als Hauptgründe für das teilweise Scheitern der Reformideen von einst, über denen die hochkarätig besetzte Schulreformkommission (siehe Interview) lange gebrütet hatte, wurden jetzt die Finanznot der Schulen und immer wieder Eingriffe der Bildungsbehörde genannt. Nicht nur LehrerInnen sondern auch ElternvertreterInnen kritisierten, quasi beliebig zur Manövriermasse gemacht zu werden. „Einerseits werden wir in Planungen einbezogen, andererseits verordnet man über unseren Kopf hinweg später das Gegenteil“, klagte Elternsprecherin Lizzy Most-Werbeck. Doch nicht nur die Behörde bekam ihr Fett ab – und das auch nicht erst, nachdem der grüne Bildungspolitiker Helmut Zachau vom Podium herab gefordert hatte, auch die Mitwirkung der Schulen dabei kritisch zu betrachten.

Solange die Finanzautonomie der Schulen nicht an eine Personalautonomie – etwa für Einstellungen – gekoppelt sei, bleibe Autonomie mangelhaft, so Zachau. Dabei wisse er, daß die Forderung nach Personalhoheit bei Schulleitern „durchaus Abwehrreaktionen hervorruft“. „Lehrer sind keine Engel“, sekundierte sofort Erziehungswissenschaftler Johannes Beck – um die gescholtenen in Schutz zu nehmen: „Lehrer und Schulen sind überfordert, wo sie Mängel der Politik ausgleichen sollen“. Problematisch sei, „daß Schulen quasi Behördenfunktion haben.“

Die Unzufriedenheit, die autonome Schule mit ausgeprägten Leistungsstärken noch nicht recht entwickelt zu haben, mündete am Mittwoch in Aufrufen. „Mut zur Lücke“ forderte der Grüne Zachau. Mehr Mut zu eigenen Entscheidungen zu stehen, Schulleiterin Larisch. Den lautesten Applaus bekam eine Elternsprecher: „Wir brauchen Strukturen für Autonomie und ihr Qualitätsmanagement.“ ede

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