Schröder weit ab vom Klimaschutzpfad

■ 1998 ging der Ausstoß des Treibhausgases CO2 nur unwesentlich zurück. Wissenschaftler: Regierung muß „unverzüglich“ handeln

Berlin (taz) – Vollmundig machte sich die neue Bundesregierung Kohls Klimaschutzziel zu eigen: Bis 2005 soll der Ausstoß des Klimakillers Kohlendioxid (CO2) um ein Viertel gesenkt werden im Vergleich zu 1990. Doch unter Forschern wächst der Zweifel, ob das überhaupt noch zu schaffen ist. Nach Schätzungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) wurden 1998 etwa 860 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen, berücksichtigt man die unterschiedlich kalten Winter, so bedeutet das temperaturbereinigt eine Minderung von rund 14,5 Prozent gegenüber 1990. Um das gesteckte Ziel zu erreichen, muß der heutige Ausstoß noch einmal um 14 Prozent gesenkt werden.

Doch die Entwicklung der vergangenen Jahre macht die Forscher skeptisch: Im Vergleich zum Vorjahr ist der CO2-Ausstoß bloß um ein halbes Prozent zurückgegangen, von 1996 auf 1997 war die ausgeblasene Menge nach neuesten Rechnungen sogar um 0,1 Prozent gestiegen. Der Löwenanteil der bisherigen Minderung, vier von fünf eingesparten Kohlendioxidmolekülen, wurde in den Jahren 1990 bis 1993 erreicht und geht im wesentlichen auf den Zusammenbruch der DDR-Industrie und die Nachrüstung der verbliebenen Anlagen auf Weststandard zurück.

„Die Zeit läuft uns davon“, urteilt der Leiter der DIW-Energieabteilung, Hans-Joachim Ziesing, „es sind ganz erhebliche energie- und umweltpolitische Maßnahmen erforderlich.“ Sparmöglichkeiten lägen vor allem bei der „rationellen Energienutzung“: Wärmedämmung, besseren Heizkesseln, energiesparenden Autos, dem Ausbau von Bus und Bahn und energiebewußtem Verhalten. „Man landet immer wieder bei den traditionellen Dingen“, klagt Ziesing. „Aber nur, weil da noch sowenig geschehen ist.“ Windräder, Biogas- und Solaranlagen könnten noch keinen großen Beitrag leisten. Trotzdem müsse man sie fördern, weil ihr Beitrag für den nächsten Schritt bis 2020 wichtig werde.

Während zwischen 1990 und 1997 der Anteil der Kraftwerke am CO2-Ausstoß (36 Prozent) sowie von Handels- und Dienstleistern (8 Prozent) etwa konstant blieb, nahm der Anteil der Industrie von 17 auf 14 Prozent ab. Dagegen blasen die privaten Haushalte statt 13 jetzt 16 Prozent des Gesamtausstoßes aus, der Verkehr legte von 16 auf 20 Prozent zu. Urb

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