piwik no script img

Fern der Fördertöpfe

Viel mehr als ein Lese-Saal: Heute eröffnet der eigenwillige Literaturclub Matrix  ■ Von Britta Peters

Blumen-Kröger heißt jetzt Matrix. Und statt hübschen Gebinden oder, wie zuletzt, Schmuck gibt es dort gar nichts mehr zu kaufen – für alle, die das Rätsel um die Waterloostraße 13 noch nicht gelöst haben: Ein Laden ohne Schaufensterauslagen ist ein schlecht versichertes Juweliergeschäft. Einen Ort für „Geschichte und Geschichten“ haben FX Schroeder und Carsten Klook in dem kleinen, wunderschön mit Pferdetapeten dekorierten Raum ins Leben gerufen.

Als Ergänzung zu den elitären Veranstaltungen des Literaturhauses und zu den bisweilen recht hysterischen Slam-Abenden gedacht, schafft der Club ein offenes Angebot für Freunde des Wortes. Einen Ort, an dem man „nicht extra in den kleinen Raum gehen muß, wenn wenig Publikum da ist“, witzelt der selbsternannte Duty-Free-Pop-Artist FX Schroeder im Anblick des rund 20 Quadratmeter großen Hauptraumes. Er betont damit aber auch die Unterschiede zum geförderten Literaturbetrieb: Im Rahmen von Matrix sollen sich auch diejenigen versuchen können, die im Verborgenen arbeiten oder Schreibweisen kultivieren, die normalerweise als „nervig“ abgetan werden und kein großes Publikum anlocken.

Aber so richtig kleinkünstlerisch ist das ganze dann auch nicht. Klook und Schroeder tummeln sich beide seit gut 20 Jahren in der Hamburger Literatenszene, waren an verschiedenen anderen Projekten beteiligt und haben bereits eine Reihe von Texten veröffentlicht. Der Journalist und Autor Carsten Klook war selbst zweimal Stipendiat. Er weiß also, wovon er spricht, wenn er diese Form der Abhängigkeit heute ablehnt. Auf der ersten Veranstaltung nach dem bunten Abend zur Eröffnung stellen die Hausherren sich und ihre Arbeiten vor: FX Schroeder gibt FX Schroeder, und Klook liest aus seinem Roman Korrektor. Einem Text, in dem so schöne Sätze vorkommen wie: „Dieses Gefühl, statt der Lungen eine Heizkörperspirale im Leib zu tragen; eine, die so verhärtete, weil sie für die Wohnzimmertemperatur der Familie zuständig war.“

Mehr denn als reiner Lese-Saal soll Matrix als ein Forum für literarische Grenzbereiche sein. Ein Blick auf das Februar-Programm zeigt, was man sich darunter vorstellen kann. Im Rahmen eines Indonesischen Abends stellt David Chotjewitz sein Hörspiel Javanische Schatten vor, und es wird aus Briefen und Tagebüchern deutscher Dichter gelesen, die in Indonesien gelebt haben. Unter dem Motto Persian Love rezitiert der jüngst mit dem Heilmann-Preis gekrönte Autor Farhad Showghi aus seinem Gedichtband Die Walnußmaske, durch die ich mich träumend aß, A. Sanatjoo und B. Diesner spielen dazu persischen Folk-Pop. Wenige Tage später gestalten Erzsebet Ambrus, Jochen Möhle und Heide Lorenzen einen Abend mit Texten, Dias und einer Foto-Schießbude. Ende des Monats steht eine Luftschlangen-Performance der Künstlerin Annette Wehrmann auf dem Programm.

Kurz: Der nach einer Psychedelia-Hölle benannte Laden bringt alle Voraussetzungen mit, sich zu einem lebendigen „Internetz“ (FX Schroeder) zu entwickeln. Und in Zukunft gilt: Ein Geschäft mit einem Rasenmäher in der Auslage ist ein interessanter Veranstaltungsort.

Matrix, Waterloostraße 13, Veranstaltungen finden Dienstag, Freitag und Sonnabend jeweils ab 21 Uhr statt. Heute: Bunter Eröffnungsabend mit Dia-Show und vielen Extras. Di, 16. Februar: Carsten Klook und FX Schroeder. Fr, 19. Februar: Uwe Ruprecht und Jan Bürger. Sa, 20. Februar: Indonesischer Abend. Di, 23. Februar: Persian Love. Fr, 26. Februar: Ambrus, Möhle, Lorenzen. Sa, 27. Februar: Annette Wehrmann

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen