■ Kommentar: Flaue Schadenfreude
Eine typische Lokalposse für zwei Sturköppe: Der eine – der Hauseigentümer – hat ein marodes Gebäude zu verscherbeln und einen Dummen gefunden, der dafür eine horrende Summe bereits vor mehr als einem Jahr brav beim Notar hinterlegt hat. Wo sie vor sich hinschlummert, Zinsen frißt und keinem nutzt. Der andere – der Bezirk als letzter Hüter der Gerechtigkeit in der korrupten Stadt – verweigert starrsinnig die Geldübergabe, weil Spekulationsgeschäfte im Sanierungsgebiet zu unterbinden sind.
Ganz egal, ob die künftige Nutzung – ein Kindergarten ist schließlich kein sozialer Wohnungsbau, der sich im nachhinein nett in Eigentumswohnungen verwandeln ließe – dies befürchten läßt oder nicht. Gesetz ist Gesetz. Jahrelange – bestenfalls amüsante, weil sinnentleerte – Gerichtsprozesse stehen ins Haus, solange keiner seine Position verläßt. Bis irgendwann irgendwas entschieden wird. Wahrscheinlich zu einem Zeitpunkt, wenn nur noch Fotos an die LaMa-Häuser erinnern, weil diese längst zusammengefallen sind.
Eine typische Lokalposse, wenn sie nicht so tragisch wäre: Im Karo-Viertel wird nichts weiter beglichen als eine alte Rechnung zwischen Investor und Bezirk – die Schadenfreude, wenn ein Reicher nicht noch reicher wird, bleibt doch die schönste Freude. Den Investor dürfte das wenig kratzen – er hat nämlich immer noch genug Geld, das ganze geduldig auszusitzen. Für diejenigen, die in einem der dicht besiedelsten Viertel Hamburgs dringend Kita-Plätze und Wohnungen suchen, ist ein jahrelanger Leerstand leider keine Ulkgeschichte. Wenn sich aber ein durchaus berechtigtes Gesetz gegen Wucherpreise selbst behindert, ist das nicht mehr possenhaft, sondern lösungsbedürftig.
Heike Haarhoff
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen