: Legalize Wrocklage!
■ Ein unvermeidlicher Lobgesang auf einen Senator, dem Gesetze gar nicht schnuppe sind
Hafenstraße ist legalisiert, Haschisch ist legalisiert, Heroin soll legalisiert werden, und nun regt sich auch im Herzen unseres Innensenators Hartmuth Wrocklage (SPD) der Wunsch nach Legalität: Er möchte seine eifrig verteilten Platzverweise – 30.000 in diesem Jahr – endlich auch auf dem Boden des Gesetzes verankert wissen.
Daß er bisher nicht daran gedacht hatte, erst das Gesetz zu schaffen und es dann umzusetzen, möchte man ihm gern verzeihen; angesichts des Drogenelends in St. Georg – Hartmuth war schon zwei Mal höchstselbst vor Ort! – muß die weltverbessernde Leidenschaft mit ihm durchgegangen sein. Und, auf Ehre, vergeßlich sind wir doch alle mal. Sowas passiert eben.
Woher hätte er das mit dem Gesetz-kommt-vor-Anwendung auch wissen sollen? In seinem vorigen Job – Staatsrat in der Finanzbehörde – mußte er nur Zahlenkolonnen und nicht Polizisten streicheln.
Wir kennen uns doch alle mit dem Gesetz und den punktuellen und Dauergefahren nicht so aus. Die HausbesetzerInnen wissen auch nicht immer so genau, wie es sich mit dem Recht auf Wohnen und dem zu schützenden Eigentum verhält. Steinewerfen ist an sich ja nicht verboten, wenn einem nur nicht manchmal ein Polizeiauto oder eine Fensterscheibe im Weg stünden. Und die Gewerbefreiheit ist bekanntlich alles andere als unrechtmäßig; nur bei mancher Ware kennt der Staat eben kein kapitalistisches Pardon.
Und weil auch bei der Strafverfolgung die Resozialisation und der Erziehungsaspekt, also das Unrechtsbewußtsein und der feste Wille, sich zu bessern, im Vordergrund stehen, darf man selbst bei Hamburger Staatsmännern nicht so hart sein.
Die innensenatorische Einsicht ist ja da: Gesetze müssen sein. Legalize Platzverweis! Silke Mertins
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