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Bewegungsarm

■ Die „Hamburg Opera Group“ spielte Brittens „Der glühende Feuerofen“

Japanisches No-Theater und altenglisches Mysterienspiel – aus traditionellen Theaterformen zweier Kulturen wollte Benjamin Britten in seinen Kirchenparabeln ein neues musikalisches Genre schaffen. Der englische Komponist, weniger Neutöner als Fortschreiber traditioneller Tonalität, komponierte in den 60er Jahren drei solcher biblischer Kammeropern. Der glühende Feuerofen wurde nun von der Hamburg Opera Group aufgeführt, die Regisseurin Sibylle Krapp und Dirigent Michael Petermann 1993 als unabhängige Gruppe für aktuelles Musiktheater gegründet haben.

Die Inszenierung wurde in die St. Jacobi-Kirche gelegt. Als Rahmenhandlung ziehen alle Beteiligten als Mönche mit einem gregorianischen Choral ein: Einige „Mönche“ setzen sich Masken auf und spielen umringt von den Musikern die eigentliche Parabel.

Ein babylonischer König hat drei jüdische Jünglinge für politische Aufgaben in sein Land geladen. Doch die Prophezeiungen des königlichen, machthungrigen Astrologen steuern den Fremdenhaß im Volk, bis der König die Gäste zum Feuerofentod verurteilen muß. Dort werden die gläubigen Opfer aber von Engeln gerettet, und der König schließt sich nun ihrem Glauben an.

Sibylle Kramer konzentriert die Inszenierung in Adaption einzelner No-Elemente auf strengformalisierte Bewegungen. Die Spieler tragen Masken und zeichenhafte Kostüme – fließende Gewänder in gelb und weiß gegen geometrische Formen in blau und schwarz – und zeigen so auf abstrakte Weise eine Geschichte von Fremdenhaß und Wahrheitssuche. Doch die aktionsarme Inszenierung droht teilweise an ihrer Künstlichkeit zu erstarren, auch weil einige Bewegungen ohne die Einbindung in den semiotischen Hintergrund des No-Theaters bedeutungsleer werden. Clemens Löschmann als unmaskierter König darf aus den Formalismen ausbrechen und überzeugt darstellerisch und gesanglich.

Die inszenatorisch gut begründete Wahl der Kirche als Aufführungsort führte zum musikalischen Manko des Abends: Es fehlte an akustischer Transparenz und Textverständlichkeit. Die Musik verschwamm oft, was um so bedauerlicher ist, da das Libretto extra neu übersetzt worden war und Brittens Musik spannungsreich dargeboten wurde. Niels Grevsen

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