Der lange Marsch in die Vergessenheit

■ Keine Kinder, kein Reichtum, nicht einmal ein Grab: „Die Zeit des Tschou En-lai“, ein russischer Dokumentarfilm über das Schicksal von Mao Tse-tungs „ergebensten Mitstreiter“

Der weißrussische Regisseur wurde hier 1997 durch seinen gemeinen Dokumentarfilm über Lukaschenko „Der gewöhnliche Präsident“ bekannt, der in seiner Heimat noch immer nicht gezeigt werden darf.

„Die Zeit des Tschou En-lai“ ist ein Dokumentarfilm über den „ergebensten Mitstreiter Mao Tse- tungs“ und sein „tragisches Schicksal“, dessen 100. Geburtstag sich 1998 jährte.

Aus diesem Anlaß beauftragte die russische Filmproduktion „Rakus“ Juri Chaschtschewatskij, einen Film über Tschou En-lai zu machen. Ihm standen dafür die Archive in Krasnogorsk und Belyje Stolby, beide bei Moskau, zur Verfügung. An Spielfilmmaterial verwendete er nur einige Landschaftsszenen.

Vor dem Hintergrund des Schicksals von Tschou En-lai beschreibt Juri Chaschtschewatskij das Scheitern der kommunistischen Utopie und das Scheitern des Versuchs, das kommunistische Glück zu erringen – schreibt das Forum-Programmheft.

Der Regisseur beginnt mit Bildern von einem zurückfließenden Wasserfall – der großen Mauer, Marionettentheater und Maos Triumphen. Das inzwischen rotstichig gewordene sowjetische Archivmaterial wurde von ihm dabei teilweise blau und gelb umgefärbt. Der Lange Marsch, die Rote Garde, der große Steuermann auf der Tribüne, der Tod Tschou En- lais. „Er starb 1987 und hinterließ keine Kinder, keinen Reichtum. Er hat nicht einmal ein Grab“.

Der leicht ins Resignative spielende Kommentarton wird besonders unseren ehemaligen Maoisten gefallen. Auch die russische Revolution kommt darin vor, die der junge Mao dann ja quasi ins Chinesische hinein verlängerte: Erneut waren die Imperialisten – not amused!

Aber die Partisanen parierten prima. Einer ihrer Politkommissare hieß Tschou. Vielleicht stammt von ihm die Idee, die Tornister seiner Truppen zum Plakatanschlag zu nutzen? Der Imperialismus machte daraus später Bandenwerbung und Schlimmeres.

Die Sowjetunion läutete unterdes bereits den Anfang vom Ende ein – mit dem Chruschtschowschen Revisionismus. Die Chinesen konterten mit Stalin – und Grenzattacken über Amur und Ussuri. Im Inneren wurden Deichbauten über Massenmobilisierungen forciert. Tschou lachte.

Auch die Spatzen-Vernichtungskampagne wurde ein voller Erfolg – und die Mao-Bibel mit der Kulturrevolution zu einem Exportschlager. Allein in Berlin verteilte die Kommune1 an der Gedächtniskirche Tausende. Das gehört aber nicht mit zum Film. Mao durchschwimmt den Gelben Fluß. Und alle tun es ihm nach! Ich will hier jedoch nicht den ganzen Inhalt vorwegnehmen. Helmut Höge

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