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American PieBaseball-Diplomatie

■ Erstmals seit über 50 Jahren soll Kubas Baseball-Team gegen US-Profis spielen

But not a word was spoken

Fast alle Details, bis hin zur Wahl der Schläger – ob Aluminium oder Holz – sind geklärt, nur das Weiße Haus muß noch grünes Licht geben, damit es zum ersten Spiel einer US-amerikanischen Baseballmannschaft auf kubanischem Boden seit über 50 Jahren kommen kann. Am 28. März soll das Spektakel steigen, so Peter Angelos, Besitzer der Baltimore Orioles, auf einer Pressekonferenz in Havanna, wo das Projekt der kubanischen Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Im Estadio Latinoamericana sollen die Orioles, Vorjahresvierter in der East Division der American League (AL), auf die kubanische Nationalequipe treffen, die sich bei den letzten beiden Olympischen Spielen die Goldmedaille umhängen durfte. Am 3. April soll es zum zweiten Aufeinandertreffen kommen – diesmal in Baltimores Camden Yards Stadium.

Eingefädelt hat das historische Ereignis Peter Angelos höchstpersönlich, und im dritten Anlauf scheint sein Traum nun Wirklichkeit zu werden. Mitte Januar erhielt er gemeinsam mit einigen Repräsentanten der Major League Baseball und seinem Star-Outfielder B.J. Surhoff die Reisegenehmigung aus dem Weißen Haus und einigte sich mit den kubanischen Sportverantwortlichen in Havanna über das Procedere. Die Orioles wären die erste Profimannschaft aus den USA, die in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts in Kuba antritt. 1947, 12 Jahre vor der kubanischen Revolution, hatten die Brooklyn Dodgers die Karibikinsel während der Frühjahrsvorbereitung besucht und einige Spiele gegen kubanische Teams bestritten. Entgegenkommen dürfte dem Baseball-Impressario Angelos, daß in seinem Team bisher kein kubanischer Spieler unter Vertrag ist. Der Abgang von Spielern wie Livan Hernández oder dessen Halbbruder Orlando „El Duque“ Hernández, beides Ausnahmepitcher, in die USA, hat die kubanischen Sportverantwortlichen hart getroffen und sie zum Umdenken veranlaßt.

Fidel Castro, oberster Baseballfan Kubas, machte den ersten Schritt: Ende November letzten Jahres betonte er gegenüber amerikanischen Leitartiklern, daß er kein Problem darin sehe, wenn kubanische Cracks in der Major League spielen würden. Eine Schande wäre es jedoch, daß diese dafür ihrem Land den Rücken kehren müßten. „Damit hat Fidel einen Kurswechsel eingeleitet und den Deal mit den Orioles abgesegnet“, ist sich Jorge, ein kubanischer Baseballfan, sicher. Der 38jährige freut sich auf die Partie gegen die Orioles, die deren Besitzer schon seit langem anstrebt.

Angelos, der dank seiner großzügigen Spenden in die Parteikasse der Demokraten über beste Kontakte zum Establishment verfügt, unternahm seinen ersten Anlauf bereits 1995. Der scheiterte kläglich, als die Kubaner im Frühjahr 1996 zwei Zivilflugzeuge der Hermanos de Rescate, einer rechten exilkubanischen Organisation, abschossen. Zwei Jahre später winkten die zuständigen Stellen in Washington nur müde ab, doch dieses Mal scheint Angelos den richtigen Moment abgepaßt zu haben. Er trat an die offiziellen Stellen heran, als diese gerade im Begriff waren, die Embargo-Erleichterungen der Öffentlichkeit zu präsentieren, und erhielt prompt die Reiseerlaubnis nach Havanna.

Doch bis es zu dem Aufeinandertreffen der beiden Teams kommt, müssen noch einige Hürden genommen werden. Das Weiße Haus pocht darauf, daß die Einnahmen des sensationellen Matches über regierungsunabhängige Organisationen wie die Caritas der kubanischen Bevölkerung zufließen, während Havannas Funktionäre die Einnahmen den Opfern des Hurricans „Mitch“ zukommen lassen möchten.

Doch letztlich geht es den US-Verantwortlichen nicht um die Verwendung des Geldes. Sie befürchten, daß Fidel Castro die öffentliche Bühne wieder einmal für sich nutzen könnte. Vorbehalte, die Peter Angelos nicht teilt. Er hat dem State Department zu verstehen gegeben, daß er noch in dieser Woche eine Entscheidung benötigt. Sonst müsse er den Deal stornieren. Knut Henkel

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