■ Berlinalie: Nackter Krüger
Die täglichen Filmbesucher und die nächtlichen Filmpartygänger sind scharf getrennt. Vor allem verblüffen die vielen blonden bzw. brünetten Mädels auf den Empfängen. Sie sind nicht an Filmen interessiert, aber an den Filmschaffenden, die für sie Teil des hinteraktiven „Mediums“ sind, wie sie diese Branche, in der sie Tritt fassen wollen, schon gern mal nennen. Besonders lustig ging es auf der Party des Filmboards „Berlin und haste ma ne Mark Brandenburg“ im Cinemaxx uffn Potsdamer Platz zu, wo der „Partner in Tolerance“ Daimler-Benzeine eine kleine VIP-Ecke separiert hatte. Alle wollten natürlich dorthin – aber nur unsere Mädels schafften es, sich an der Doppelkontrolle vorbeizumogeln. Es war nicht das dort aufgebaute Permanent-Buffet, das sie anzog, und auch nicht der überall ausgeschenkte Sekt. Eine kleine Blitzumfrage unter ihnen ergab, daß es den meisten im Kino zu dunkel ist: „Da sieht man ja nichts!“ Außerdem sehnen sie sich, egal bei welchem Film, derart auf die Leinwand, daß hinterher – draußen – meist ihre „gute Laune futsch“ ist. Mit Viola Stephans „Damenwahl“- Erkenntnis dürfen wir annehmen, daß die armen Filmparty- Mädels überhaupt keine Wahl haben: „Es ergibt sich einfach so!“ – aus diesem Nachtleben.
Das bestätigte mir auch ein alter Mitbewohner, den ich auf der Kaurismäki-Party im Prenzlauer- Berg-Prater wiedertraf. Er hatte lustig Germanistik studiert und war plötzlich menschenscheu geworden, derart, daß er in unserer WG nur noch nachts aus seinem Zimmer kam, zur Uni traute er sich bald überhaupt nicht mehr. In dieser Not entdeckte er das vereinsamende Kino. Bald schaute er sich fast jeden Abend einen Film an. Irgendwann war er Experte – und fand einen Job im Programmkino sowie eine Kartenabreißerin, die ihn heiratete. Was für ein Happy-End!
Auch Atze Brauner erschien auf dem Filmboard-Benz-Beisammensein mit einem jungen Mädel. Noch ein Happy-End? Zu den eifrigsten Film-Partygängern gehört unser ehemaliger Jugendsenator, den man nur noch „Der nackte Krüger dreidrei Eindrittel“ nennt. Auf der Niedersachsen-Fete im Café am Opernpalais traf ich mehrere feuilletonistische „Stimmungskanonen“, die emsig auf der Suche nach witzigen Geschichten waren. Und das fanden sie gar nicht lustig: „Wenn man erst mal in der Mühle drinsteckt...“ entschuldigte einer seine schlechte Bierlaune. Helmut Höge
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