■ Pampuchs Tagebuch
: Farbige Patronen für die Sterne

Neulich wollte ich für eine Freundin ein Horoskop machen. Für derlei Zwecke besitze ich eine Software namens „Astro Star Pro“ – „Pro“ wie „professionell“. Ich brauche lediglich Name, Geburtsort und die minutengenaue Geburtszeit einzugeben, und prompt erscheint auf meinem Bildschirm die farbige Horoskopzeichnung mit allen Planetenständen und Aspekten im Tierkreis. Darüber hinaus bekomme ich auf einen Mausklick hin sogar noch eine 16seitige Deutung des Horoskops, die sogenannte „Kurzform Persönlichkeit“, geliefert.

Früher, als ich Horoskope noch zu Fuß ausgerechnet habe, dauerte es etwa eine Stunde, bis ich eine entsprechende Grafik gemalt hatte. Für eine 16seitige Deutung war ich nie professionell genug, obwohl ich durchaus das eine oder andere zu einem Horoskop zu sagen weiß. Alles in allem ist mein Astro-Star-Pro- Horoskop also ein wunderbares Geschenk.

Jetzt habe ich im Prinzip auch einen wunderbaren Farbdrucker, bei dem man allerdings, wenn man farbig drucken will, die Tintenpatrone wechseln muß, was aber wirklich ganz leicht geht. Es ist nur insofern blöd, als ich sehr selten farbig, aber andauernd schwarz drucke und daß dann, wenn ich die farbige Patrone mal brauche, diese regelmäßig ausgetrocknet ist und überhaupt nicht druckt. Darum habe ich nun schlauerweise meine Astrosoftware auch auf den schicken neuen Computer meines elfjährigen Patensohnes Alexander installiert, der überdies einen nagelneuen Farbdrucker besitzt, bei dem man keine Patrone wechseln muß. Da Xandi um die Ecke wohnt, ist es von daher kein Problem, mal schnell eine Grafikseite bei ihm auszudrucken.

Als ich komme, sitzt Xandi vor einem Computerspiel. Er steuert einen Hubschrauber, der über eine karge Gebirgslandschaft saust. „Warte kurz, da kommen jetzt nur noch ein paar Helikopter, auf die ich jetzt gleich ballern werde, was das Zeug hält.“ Man hört Geknatter, alles möglich explodiert, eine Frauenstimme sagt „Motor beschädigt“, und Xandi grinst mich an und sagt: „Superspiel, gell?“

Ich fange von meinem Horoskop an, aber er sagt: „Warte kurz, ach, jetzt bin ich sowieso gestorben, aber warte (klick, klick, klick) jetzt zeig ich dir noch schnell mein absolutes Lieblingsspiel: Final Fantasy.“

Ehe ich mich versehe, ist auf dem Bildschirm eine dunkle Höhlenstadt aufgetaucht, und Xandi bewegt mit den Pfeiltasten einen rotblonden Jungen und einen gorillaähnlichen Riesen durch finstere Gassen und Verliese. „Also da geht's darum, da ist ein böser Konzern, der heißt Shimra, und der mag die Lebensenergie von anderen Planeten aufsaugen. Und ich bin jetzt, schau her, diese zwei Personen, und ich bin gerade auf dem nördlichen Makroreaktor, und da muß ich jetzt den Sektor 5 sprengen.“ Als Xandi einige merkwürdige Tiere erst vereist und dann explodieren läßt, sage ich: „Können wir nicht schnell mal dazwischen das Horoskop...?“

„Nein, warte, ich will nur noch schnell, schau, das ist jetzt der Oberbösewicht Sephiroth, und der ist traurig, weil er künstlich erschaffen wurde...“ Als ich nach einer Dreiviertelstunde meiner völligen Ermattung Ausdruck verleihe, darf ich schließlich das Astroprogramm aufrufen, aber da kommt überraschend eine Fehlermeldung, und es geht nicht weiter, und nach zwei Versuchen gebe ich auf und gehe nach Hause.

Plötzlich ist es mir egal, ob meine Freundin ein farbiges Horoskop kriegt oder überhaupt eins. Mir geht es nur noch darum, daß niemand meine Lebensenergie aufsaugt. Eva Pampuch

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