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Die mit dem Eßbesteck tanzen

■ Auch Christen jeder Coleur sind am Samstag eingeladen zum vietnamesischen Neujahrsfest mit Tanz, Theater, Musik

Im Leben gibt es immer eine zweite Chance. Wer seine guten Vorsätze vom letzten Silvester jetzt schon verhunzt hat, kann kommenden Samstag ein zweites Mal zur Rundumerneuerung schreiten. Da leitet das vietnamesische Neujahrsfest das Jahr der Katze ein. Alle anderen elf Jahrestiere (Affe, Ratte, Schwein, Tiger, Büffel...) teilen die vietnamesischen Buddhisten mit den chinesischen. Doch in diesem Jahr regiert in China der Hase, in Vietnam die Katze. Die muß das Haus gegen Mäuse verteidigen, steht also ein für Fleiß, Sauberkeit, Wachsamkeit, erklärt Tran-Van Cac. Der wurde 1980 mit dem ersten Schwung Boatpeople an deutsche Gestade gespült.

Immerhin 600 Vietnamesen leben nach Tran-Vans Schätzung in Bremen. Nur etwa 30 kamen nach dem Fall der Mauer aus der Ex-DDR. Sie verließen einst ihr Land ruhig und gemütlich, etwa um in Ostberlin ein Studium aufzunehmen. Die meisten aber flohen vor dem Kommunismus. Keineswegs alle Bremer Vietnamesen sind aber eingefleischte Antikommunisten, meint Tran-Van. Viele hätten eine desinteressierte Einstellung zum heutigen Vietnam. Tran-Van selbst aber reist pro Jahr zu fünf, acht, manchmal auch mehr Demos gegen das aktuelle Regime, manchmal bis nach Frankreich. „Ich bin glücklich hier, nicht nur wegen des materiellen Wohlstands in Europa, sondern aufgrund der Freiheit.“ In Vietnam war er einst Beamter im Gesundheitswesen, jetzt arbeitet er im Zentralkrankenhaus-Ost. „Es sind aber alle Berufe hier vertreten, Maschinenbauer, Architekten, Krankenschwestern. Viele, die hier studierten, mußten aber weggeziehen wegen der schlechten Arbeitsplatzlage.“

Das Wichtigste beim Neujahrsfest ist, daß die ganze Familie zusammenkommt. Tran-Van bleibt das versagt. Wegen seinen politischen Aktivitäten in Vietnam steht er noch heute auf einer sogenannten schwarzen Liste, ebenso wie Pham-Cong Hoang, Vorsitzender des „Vereins der vietnamesischen Flüchtlinge in Bremen“. Weder kann Tran-Van seine Mutter in Vietnam besuchen, noch sie ihn.

Auf dem Neujahrsfest werden die ganz normalen Eßstäbchen zweckentfremdet zu einem Stäbchentanz. Die Küchengeister, die am 23. Dezember gen Himmel fahren, um Gott über den Zustand jeder einzelnen Familie aufzuklären, werden gebeten, Milde beim Rapport walten zu lassen. Außerdem wird den Ahnen gedankt, nicht weil sie etwa ins aktuelle Leben hineinpfuschten, sondern weil man ihnen schließlich die eigene Existenz verdankt. Außerdem gibt es eine Darstellung jenes Schlüsselereignisses, wo sich Vietnam tapfer gegen die Mongolen verteidigte. Das ist läppische 700 Jahre her. Wesentlich weiter zurück liegt die Staatsgründung durch Kaiser Hung-Vuong. Deshalb leben Vietnamesen ab Sonntag im Jahr 4636. bk

20.2. ab 17h; Schulzentrum Horn-Oberneuland, Ronzelen-Str. 51

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