: Kurdenproteste beschäftigen Parlament
In der Bundestagsdebatte über die Kurdenproteste kündigt Innenminister Schily ein härteres Vorgehen gegen die PKK an. Union fordert erneut Verschärfung der Ausländergesetze. Grüne wollen Ursachenbekämpfung ■ Von Bettina Gaus
Bonn (taz) – „Wenn Millionen Menschen keine Hoffnung schöpfen, dann wird immer ein Teil in die Radikalität abgleiten.“ Es blieb dem SPD-Abgeordneten Ludwig Stiegler vorbehalten, gestern in der Bundestagsdebatte über die Kurdenproteste auf den Zusammenhang zwischen ungelösten politischen Problemen und gewalttätigen Ausschreitungen hinzuweisen. Stieglers Parteifreund Otto Schily ließ es dagegen bei einem Appell an die in Deutschland lebenden Kurden bewenden, ihre Konflikte nicht in der Bundesrepublik auszutragen. Der Innenminister kündigte verstärkte Bemühungen an, die Strukturen der verbotenen PKK zu zerschlagen und drohte erneut allen Gewalttätern mit der „vollen Härte des Gesetzes“.
Auch andere Redner nutzten das Thema für markige Worte. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Erwin Marschewski, sprach sich für eine rasche Ausweisung von ausländischen Gewalttätern und eine entsprechende Verschärfung der Ausländergesetze aus. Auch bei Mitgliedern einer verbotenen Organisation müsse über eine Ausweisung nachgedacht werden. Marschewski kritisierte die Bundesregierung wegen der Informationspannen nach der Festnahme von Kurdenführer Öcalan und forderte Schily sowie Kanzleramtsminister Bodo Hombach (SPD) auf, Konsequenzen zu ziehen.
„Wir sind ein wehrhafter Rechtsstaat“, verkündete FDP- Generalsekretär Guido Westerwelle. Er zeigte sich vor allem darüber empört, daß Besetzern und Geiselnehmern freies Geleit im Gegenzug für eine Rämung zugesichert worden war – einen „Kuhhandel“ nannte das Westerwelle. Auch er möchte Gewalttäter am liebsten loswerden: „Wer hier kriminell wird, kann nicht darauf hoffen, einer Abschiebung oder Ausweisung zu entgehen.“
Cem Özdemir von den Bündnisgrünen forderte dagegen eine „Ursachenbekämpfung“: Das Problem müsse in Ankara gelöst werden. „Nicht die deutsche Innenpolitik hat versagt, die europäische Außenpolitik hat versagt.“ Scharf kritisierte Özdemir die Forderung, Ankara solle zusichern, abgeschobene Straftäter nicht zu foltern. Wenn es in der Türkei keine Menschenrechtsverletzungen gebe, dann sei eine solche Sondervereinbarung überflüssig. Wenn es sie aber gebe, dann gebe es keine Garantie für die Einhaltung eines solchen Abkommens.
Eine politische Lösung des Kurdenproblems forderte auch Petra Pau (PDS): „Wir brauchen das Gespräch, wir brauchen Besonnenheit und den langen Atem einer europäischen Initiative.“ Die Bundesrepublik sei wegen der Waffenverkäufe an die Türkei „schon lange Partei in diesem Konflikt“.
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