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Durchsuchung marsch!

■ BGH: Richterliche Anordnung bei freien Journalisten im Notfall nicht erforderlich

Karlsruhe (AP/taz) – Nach einem Beschluß des Bundesgerichtshofs (BGH) können privat angemietete Büroräume eines freien Journalisten in Notfällen auch ohne richterliche Anordnung durchsucht werden. Nach dem Beschluß genügt bei Gefahr im Verzug auch eine Anordnung der Staatsanwaltschaft. Für die Durchsuchung von Redaktionsräumen und Druckereien bedarf es dagegen stets eines richterlichen Durchsuchungsbefehls.

Im konkreten Fall hatte der Ermittlungsrichter des BGH im August 1997 die Durchsuchung der Berliner taz-Redaktion angeordnet. Dort sollte ein offener Brief der damals untergetauchten Andrea Wolf beschlagnahmt werden, aus dem zuvor in der taz zitiert worden war. Wolf bezichtete darin den V-Mann des Verfassungsschutzes Klaus Steinmetz, von den RAF-Anschlag auf den Gefängnisneubau Weiterstadt 1993 vorab gewußt zu haben. Die Durchsuchung der taz kam nicht zustande, da der fragliche Bericht nicht von der Redaktion selbst, sondern einem freien Mitarbeiter stammte. Daraufhin verfügte der anwesende Oberstaatsanwalt mit der Begründung „Gefahr im Verzug“ die Beschlagnahme des Briefes im Büro des freien Journalisten. Der konnte eine Durchsuchung seiner Archive nur dadurch verhindern, daß er den Brief herausrückte.

Da es für seine Räume keinen richterlichen Durchsuchungsbefehl gab, legte der Betroffene Beschwerde ein. Der Dritte Strafsenat des BGH hat diese Beschwerde jetzt verworfen. Der Vorbehalt der richterlichen Anordnung bei Durchsuchungen von Redaktionsräumen, Verlagen und Druckereien sei wegen der „erhöhten Störanfälligkeit eines Pressebetriebs“ ins Gesetz aufgenommen worden. Vergleichbar empfindliche Störungen seien „jedoch bei der Durchsuchung im eigenen Büro eines freien journalistischen Mitarbeiters...nicht zu befürchten“. (BGH StB 14/98)

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