: Laien attackieren Bischöfe
■ Katholische Frauenverbände und Laien kritisieren Beschluß zur Schwangerenberatung
Hamburg (dpa) – Katholische Frauenverbände und die „Kirchenvolksbewegung“ haben im Abtreibungsstreit den deutschen Bischöfen Rom-Hörigkeit vorgeworfen. Einen Tag nach dem „Doppelbeschluß“ der 70 Oberhirten – die sich mehrheitlich für den Verbleib im Schwangerenberatungssystem aussprachen, aber zunächst das Votum des Papstes einholen wollen – kritisierte die Präsidentin der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands, Magdalena Bogner, gestern in Mainz, daß die Bischofskonferenz „ihr Handeln vom Papst bestätigen lassen“ wolle. Die Verbände appellierten an Rom, „zügig“ den Mehrheitsbeschluß zu bejahen. Mehrere Bischöfe, wie der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Karl Lehmann, halten ein positives Votum aus dem Vatikan für möglich.
Nach dem Kompromißvorschlag der Bischöfe soll der nach deutschem Recht für eine straffreie Abtreibung erforderliche Beratungsschein zu einem Beratungs- und Hilfeplan ausgeweitet werden. Das genaue Ergebnis der Abstimmung gab Lehmann am Donnerstag nicht bekannt.
Nach den Worten von Bogner ist der Umgang der Bischöfe mit der gesetzlichen Lage in Deutschland „ein pastorales Problem, das nach Kirchenrecht in die Zuständigkeit der Ortskirche gehört“. So aber bestehe „der Anschein, als ob Diplomatie vor menschliche Notlagen gestellt wird“, sagte die Vorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend, Gaby Hagmans, auf einer Pressekonferenz von fünf Frauenverbänden in Mainz. Die reformkatholische „Kirchenvolksbewegung“ hielt den Bischöfen eine „zu große Rom-Hörigkeit“ vor. „Die Bischöfe haben freiwillig mehr Kompetenzen aus der Hand gegeben, als sie müßten“, sagte eine Sprecherin der Gruppe „Wir sind Kirche“ in Hannover.
Falls die Kirche aus dem staatlichen Schwangerenberatungssystem aussteigt, verliert sie nach Ansicht ihrer großen Frauenverbände an Bedeutung. „Wenn die Kirche nur um sich selbst kreist, macht sie sich überflüssig“, sagte Bogner. Auch Lehmann sagte, er habe seit langem die Sorge, daß die katholische Kirche an Akzeptanz bei den Frauen verlieren könnte, die schwere Situationen zu bewältigen hätten. Zu einem positiven Votum des Papstes zum Kompromißvorschlag sagte er: „Ich kann mir das vorstellen.“ Er verwies aber darauf, daß dem Papst vier Lösungswege unterbreitet werden.
Der Trierer Bischof Hermann Josef Spital zeigte sich zuversichtlich, „daß wir zu einem Ergebnis kommen, das für die ungeborenen Kinder und die betroffenen Frauen eine Verbesserung der Beratungssituation bringt“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen