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Von Liebes- und Leibesgenüssen

■ Essen als Ritual, Rauchen als Kommunikation: Eine langangelegte Filmreihe im Metropolis begleitet die Ausstellung GENUSSmittelKULTUR im Speicherstadtmuseum

Die Aufgabe, eine Filmreihe zum Thema Genußmittel und Essen zusammenzustellen, dürfte Cineasten erstmal keine Probleme verursachen. Die Anzahl an Arbeiten, die sich mit diesem Aspekt unserer Alltagskultur beschäftigen, ist ausufernd. Die Filme, die im Rahmen der gestern im Speicherstadtmuseum eröffneten Ausstellung „GENUSSmittelKULTUR“ in den nächsten Monaten im Metropolis gezeigt werden, sollen jedoch neben dem thematischen Bezug mehr leisten: Zum einen sollten Publikumsschlager – man denke an Delikatessen, Tampopo oder Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liehaber – zugunsten von unbekannteren Werken ausgeklammert werden; darunter finden sich einige wirkliche Rari- wie Skurrilitäten. Zum anderen soll der Symbolgehalt des Genießens thematisches Bindeglied sein.

So ist in Blue In The Face das Rauchen lediglich ein Vorwand, um den kleinen Tabakladen in Brooklyn aufzusuchen – und dort mit anderen Menschen zu kommunizieren, zu feiern oder zu streiten. Ein Thema, das sich auch in Last Night At The Alamo wiederfindet: Als dem Restaurant der Abriß droht, zeigt sich, daß die Stammgäste nicht der leiblichen Genüsse wegen kommen, sondern weil sie das Alamo zur Heimat auserkoren haben.

Essen als Ritual inszeniert Babettes Fest: Die französische Köchin symbolisiert für die Bewohner einer kleinen, puritanisch anmutenden Gemeinde in Dänemark das sündenhafte Paris. Mit ihrer Einladung zu einem großen Festgelage verunsichert Babette die Gemeinde. Wird das Böse in Gestalt von Alkohol und luxuriösem Essen die geladenen Gäste nicht automatisch in die Hölle katapultieren?

Daß Liebes- und Leibesgenüsse eng verzahnt sind, zeigt Bittersüße Schokolade. Der Film um ein Liebespaar in Mexiko in der ersten Dekade dieses Jahrhunderts setzt dies zugleich melodramatisch und witzig in Szene: Die junge Frau kann nicht heiraten, bis die ältere Schwester unter der Haube ist. Um seiner Geliebten nahe zu bleiben, heiratet der Mann die ältere Schwester und wird Zeit seines Lebens Liebesbeweise in Form von kunstvollen Speisen von seiner Geliebten erhalten.

Den vielbeschworenen finnischen Hang zu Schwermut wie zum Alkohol führt Aki Kaurismäki in Tatjana, Take Care Of Your scarf vor: Zwei mundfaule, kaffee- und wodkasaufende Finnen gabeln auf einem Autotrip zwei russische Anhalterinnen auf. Was in anderen Filmen zur klassischen Liebesstory würde, kann bei Kaurismäki einfach nicht happy enden. Und mit dem Stumm- und Kurzfilm The Pace That Kills wird eine kleine Rarität gezeigt: Ein Dokumentarstreifen aus dem Jahr 1928, der zugleich über Drogenabhängigkeit aufklärt und Drogenkunsum dokumentiert.

Karen Schulz

„Der Bienenzüchter“: Di, 9. 19 Uhr; Mi, 10., 17 Uhr; Do, 11. März, 21.15 Uhr. „Tatjana, Take Care Of Your Scarf: Di, 23., 19 Uhr; Mi, 24., 17 Uhr, Do, 25. März, 21.15 Uhr. Die Reihe wird bis Juni fortgesetzt mit den Filmen: „Bittersüße Schokolade“, „What! No Beer?“, „Blue In The Face“, „Mystery Of The Leaping Fish“, „The Pace That Kills“, „Babettes Fest“ und „Last Night At The Alamo“.

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