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■ Bei Kommunalwahl in Iran siegen die ReformerChatamis langer Marsch

Eines kann man Irans Präsident Chatami nicht vorwerfen: mangelnde Beharrlichkeit. Dabei war genau das der Hauptvorbehalt gegen den smarten Mullah, als dieser überraschend im Mai 1997 gewählt wurde. Höchstens sechs Monate Amtszeit gaben ihm damals Kritiker. Inzwischen ist Chatami über eineinhalb Jahre im Amt und beweist auf diesem langen Marsch ein erstaunliches Durchsetzungsvermögen. Mit dem deutlichen Sieg seiner Unterstützer bei den ersten Kommunalwahlen seit der Islamischen Revolution vor 20 Jahren hat er einen weiteren Etappensieg erzielt – und das, obwohl fast der gesamte Staatsapparat von seinen Gegnern dominiert wird.

Seit seiner Wahl zum Präsidenten weiß Chatami den überwiegenden Teil der iranischen Bevölkerung hinter sich. Freundlich lächelnd setzt er seine Entscheidungen durch, daß seinen Kontrahenten das Blut in den Adern kochen muß. Nachdem das konservativ dominierte Parlament im vergangenen Jahr seinem Innenminister Abdullah Nuri wegen zu großer Reformfreude das Vertrauen entzog, ernannte Chatami ungerührt einen weiteren Reformer zum Nachfolger und machte Nuri zu seinem persönlichen Berater. Als nach der von Geheimdienstlern begangenen Mordserie an Regimekritikern Ende vergangenen Jahres der Führer Chamenei erklärte, der für die Agenten verantwortliche Informationsminister bleibe im Amt, hörte sich der Präsident dies äußerlich gelassen an. Wenig später entließ er dennoch den Minister und besetzte das Amt mit einem Vertrauten.

Chatami hat bisher längst nicht alle Wahlkampfversprechen erfüllt. Die wirtschaftliche Lage Irans ist desolater denn je, und Menschenrechte sind in den Augen vieler im Machtapparat noch immer ein zweitrangiges Gut. Dennoch wird das Ansehen des Präsidenten nach den Kommunalwahlen weiter steigen – und damit seine Machtbasis. Inzwischen traut sich kaum noch ein Gegner, öffentlich gegen ihn Stellung zu beziehen. Was immer die Konservativen derzeit anstellen, der Schuß geht nach hinten los.

Zugleich beweist Chatami, daß er ein Reformer ist und kein Revolutionär. Eine grundlegende Veränderung der Verhältnisse ist von ihm nicht zu erwarten. Seine Politik sorgt dafür, daß das System Islamische Republik länger am Leben bleibt. Hätten im Mai 1997 die Konservativen gewonnen, wäre der Theokratenstaat heute seinem Ende erheblich näher. Doch ein Systemwechsel ohne blutige Auseinandersetzungen ist unvollstellbar. Daß er dies verhindert hat, machen fundamentaloppositionelle Iraner – vor allem im Exil – Chatami zum Vorwurf. Seine konservativen Gegner in Iran sollten es ihm danken. Thomas Dreger

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