: Die Kliniken schreiben wieder schwarze Zahlen
■ In Hamburg hat die Umwandlung in eine Anstalt öffentlichen Rechts zum Erfolg geführt
Die Ausgangslage war damals ähnlich dramatisch wie heute in Berlin: Als 1996 die Krankenkassen in der Hochphase ihrer eigenen Wirtschaftskrise die Budgets für die Hamburger Krankenhäuser drastisch absenkten, blieben den damals neun kommunalen Hospitälern der Hansestadt noch exakt drei Wahlmöglichkeiten: einzelne Krankenhäuser dichtzumachen, sie zu privatisieren oder den kompletten Landesbetrieb Krankenhäuser, kurz LBK, unter dessen Dach die kommunalen Krankenhäuser zusammengeschlossen sind, einer rigiden Rationalisierungs-, Modernisierungs- und Umstrukturierungskur zu unterziehen.
Der Hamburger Senat entschloß sich zur „offensiven Herangehensweise“: Durch Kooperation einzelner Krankenhäuser, Zusammenlegung von Abteilungen und weniger Beschäftigte sollte der LBK „überlebens- und wettbewerbsfähig“ werden, erinnert sich LBK-Pressesprecher Siegmar Eligehausen. Der LBK, 1981 als Bestandteil der Gesundheitsbehörde gegründet, wurde flugs in eine Anstalt des öffentlichen Rechts verwandelt und erhielt damit wirtschaftliche Unabhängigkeit.
Sodann ging es ans Eingemachte: Um die Sparquote der Kassen – 210 Millionen Mark in drei Jahren – zu erfüllen, wurde ein Einstellungsstopp verhängt. In zweieinhalb Jahren sank die Zahl der Beschäftigten so von einst 15.500 auf heute 13.500. Einige Mitarbeiter mußten zwar innerhalb des Krankenhausverbunds den Ort ihrer Arbeitsstelle wechseln, aber, rühmt sich LBK-Vorstandssprecher Heinz Lohmann, „es hat keine betriebsbedingten Kündigungen gegeben, und es wird sie auch in den kommenden drei Jahren nicht geben“. Die Größe des Krankenhausverbunds – der LBK ist mit 400.000 Patienten jährlich und einer Bilanzsumme von jährlich 2 Milliarden Mark einer der größten Krankenhausbetriebe Deutschlands – hat sich dabei als Vorteil erwiesen.
Abteilungen wurden zusammengelegt oder umgesiedelt, ohne daß dies qualitative Einschnitte für die Patienten bedeutet hätte. Im Gegenteil: Die Umstrukturierung zog häufig auch eine Modernisierung nach sich. Die Allgemeinen Krankenhäuser Heidberg und Ochsenzoll fusionierten zum Klinikum Nord, das mit seinen heute 1.800 Betten größer als das Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE) ist. Durch Kooperation zwischen Labors und Apotheken, zwischen Notfall- und Unfallversorgung in den Krankenhäusern, durch die Einrichtung eines Logistikzentrums zur gemeinsamen Warenversorgung aller Krankenhäuser und die Gründung einer eigenen Reinigungsfirma sieht sich der LBK inzwischen in der glücklichen Lage, voraussichtlich schon in diesem Jahr wieder schwarze Zahlen zu schreiben.
Weniger politisches Fingerspitzengefühl dagegen ließ der LBK bei seiner umstrittensten Sparidee walten: Ausgerechnet das Hafenkrankenhaus auf St.Pauli, die weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Kiezklinik, die schwarze Zahlen schrieb und für Obdachlose, Kiezbewohner und Gestrandete in der Hafengegend mehr als schlichte medizinische Versorgung bot, wurde auf Anweisung der damaligen Gesundheits- und Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel (SPD) Anfang 1997 geschlossen. Monatelange Besetzung, Montagsdemonstrationen und ein bitteres Wahlergebnis für den damaligen Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) im Herbst 1997 waren die Folge. Der Senat machte schließlich die Zusage, zumindest eine Notfallambulanz am Standort des Hafenkrankenhauses zu erhalten, und stellte ein Gesundheits- und Sozialzentrum in Aussicht. Doch die Finanzierung ist auch weiterhin ungeklärt.
Heute liegen die Kosten der Hamburger Krankenhäuser immer noch um 6 Prozent höher als im Bundesdurchschnitt. Doch verglichen mit anderen „Metropol- Kliniken“, die gemeinhin mit hochspezialisierten und technisch aufwendigen Geräten ausgestattet sind, die sich kleine Krankenhäuser kaum leisten können, könne sich der LBK durchaus sehen lassen, findet Lohmann. So liegen die Fallkosten, also die Durchschnittskosten pro Patient, in Hamburg bei 7.360 Mark. Zum Vergleich: In Berlin wird angestrebt, sie von derzeit rund 9.000 Mark auf 7.500 Mark zu senken. Heike Haarhoff, Hamburg
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